Der Viehscheid (Für Nichtallgäuer: Die Rückkehr der Kühe von den Bergweiden und deren Rückgabe an die Bauern, verbunden mit einem Markt und einem Bierzelt mit Musik) ist für viele Allgäuer eine der wichtigsten Veranstaltungen im Jahresverlauf. Für manche steht der ursprüngliche Sinn dabei im Hintergrund. Gefragt ist einfach das Fest im Bierzelt. Eine Art Allgäuer Oktoberfest. In Summe immer wieder sehenswert, was der Besucherandrang weit über das Allgäu hinaus zeigt. Neben den vielen schönen Eindrücken, die man jährlich erleben kann, gibt es auch Dinge zu beobachten, die so nicht in der Zeitung oder den Hochglanzprospekten stehen. Besonders zu später Stund, wenn der eine oder andere schon einen über den Durst getrunken hat. Nichts Schlimmes! Alles im Rahmen. Das Allgäu ist ja meist brav und wertkonservativ. Ich habe nur ein paar Beobachtungen der letzten Jahre gesammelt und möchte diese traditionelle Veranstaltung keineswegs in Frage stellen.
Das Parken
Die Autos werden vor dem Festgelände zum Parken in eine Wiese (Viehweide) geleitet. Kein Problem, davon erholt sich die Natur wieder, wenn überhaupt nennenswerter Schaden entsteht. Warum aber sieht man das nicht so locker, wenn irgendwo im Allgäu oder im Tannheimer Tal ein Auto halb in der Wiese steht, wenn der offizielle Parkplatz bereits voll ist? Hat das Auto dann noch ein stuttgarter, esslinger, ulmer oder münchner Kennzeichen, so lässt das selbst bei gemütlichen Allgäuern den Blutdruck steigen.
Der Müll
Den Müll einfach in die Gegend werfen ist verwerflich. Eine Sauerei. Im Gebirge, wie auch am Viehscheid als auch auf anderen Festen. Irgend Jemand muss das Ganze wieder einsammeln und sauber machen. In den seltensten Fällen ist es der, der seinen Dreck in die Landschaft geworfen hat. Warum aber kommt das Fernsehen nur, wenn es sich um Bergsteiger, Wanderer, Wildcamper handelt, die eine Sauerei hinterlassen haben. Warum dreht der BR keinen Film am Viehscheid mit Vogelschützern und Hirten? Einen Film, wie diesen. Die illegal entsorgte Müllmenge auf den allgäuer Viehscheiden dürfte diese in den Bergen bei weitem übersteigen. Am Morgen danach sieht es manchmal ganz schön bunt aus.
Die Busengrabscher
Seit Tracht wieder in ist, sieht man auf derartigen Festen auch immer mehr junge Mädels in aufreizenden Pseudotrachten, so wie auf dem Oktoberfest auch. Durchaus schön anzusehen. Das zu später Stunde, wenn der Alkohol schon reichlich geflossen ist, mal einer hinlangt, liegt in der Natur der Sache. Dann gibst eine auf die Finger oder auch nicht. In Summe wird es auf alles derartigen Festen in Bayern inkl. den Oktoberfest mehr Busengrabscher geben, als an Sylvester in Köln. Keineswegs will ich die von Merkel maßgeblich verursachten Probleme mit der unkontrollierten Einwanderung von Flüchtlingen schön reden, die letztlich zum Aufstieg rechter Parteien geführt haben und eventuell zum auseinander brechen der EU führen könnten. Doch ich stelle fest:Wenn der Busengrabscher ein Neger ist, ist die Empörung darüber ungleich höher, wie wenn es ein Einheimischer ist. Gut, ein Busengrabscher in Lederhose und „gstricktem Kittel“ eignet sich auch kaum zur Stimmungsmache gegen Menschen aus anderen Kulturkreisen.
Der „Blowjob“
Wenn ein Hindelanger den Viehscheid verlässt, führt der Heimweg häufig durch den Innenhof der evangelischen Kirche. Schon spät in der Nacht traf ich im Eingangsbereich ein Pärchen, bei dem sie gerade dabei war ihm einen zu.. äh drücken wir es anders aus.. mündlich zu beglücken. Da die Wegwahl in diesem Bereich wenig Alternativen zulässt, passierte ich die beiden im Abstand von ca. drei Meter und kommentierte das Geschehen mit den Worten „So… schmeckts?“
Der jungen Einheimischen war das wohl dermaßen peinlich, dass sie lange Zeit die Straßenseite wechselte und verschämt zu Boden guckte, wenn sie mich sah. So als ob sie mir etwas getan hätte. Hat sie aber nicht. Ich sehe das ganz entspannt. (Fragen, wen ich da getroffen haben, beantworte ich grundsätzlich nicht)
Fazit
Bei größeren Festen und Veranstaltungen sieht man einiges lockerer. Natürlich hätte die eine oder andere Beobachtung das Potential dazu, den Zeigefinger zu heben, sich zu empören und zu moralisieren. Muss aber nicht sein, sofern es im erträglichen Rahmen bleibt. Aber vielleicht sollten wir hin und wieder darüber nachdenken, auch im Alltag das eine oder andere ein bisschen toleranter zu sehen. So wie eben am Viehscheid.