Einen Winterrückblick für das Allgäu zu schreiben, bevor der Kratzer mit dem zeigen seiner Rippen das Ende des Tourenwinters signalisiert macht wenig Sinn. Doch nun ist es es weit. Der zurückliegende Winter war ein extremer Winter. Der kälteste November seit über zehn Jahren. Reichlich viel Neuschnee und Kälte im Dezember, ein milder Januar,, eisige Kälte im Februar, ein eher durchschnittlicher März und schließlich zum Ende hin ein gerade zu hochsommerlicher April, der die bis dahin so mächtige Schneedecke rascher dahinschmelzen ließ, als man das für möglich gehalten hätte. Das Besondere am vergangen Winter: Nicht nur in einer Region, sondern nahezu in den gesamten Alpen und am Balkan zeigte sich Frau Holle außerordentlich großzügig.
Der kälteste November seit zehn Jahren liegt hinter uns. Zudem noch ein November mit überdurchschnittlichen Niederschlagsmengen. Eine feuchtkalte Nordwestströmung folgte der nächsten. Dieser frühwinterliche Pulvertraum hielt bis Ende Dezember an.
Feuchtmilde Luftmassen ließen besonders am Alpenrand die Schneefallgrenze rasch ansteigen, während ein Stück tiefer drin im Gebirge Kaltluft und Schnee gut halten konnte.
Auffällig war, dass es Anfang Januar gleich zwei mal bis auf 2.300 m hinauf in den Allgäuer Bergen regnete. Bereits im Lechtal lag die Schneefallgrenze tiefer. Siehe dazu: Das inneralpine Schneewunder. In den folgenden klaren Nächten fror die durchnässte Schneedecke zu einem rillenzerfurchten Eispanzer. Selbst an relativ flachen Bergen ging ohne Harsch- oder Steigeisen gar nichts mehr.
Insgesamt brachte der Januar fast dem gesamten Alpenraum viel Niederschlag bei überwiegend milden Temperaturen, was dann zu rekordverdächtigten Schneehöhen im Gebirge führte, während tiefe Lagen oft schneefrei blieben.
Große Neuschneemengen führen häufig auch zu kritischen Lawinenlagen, wobei diese, ganz im Gegensatz zu den zentralalpinen Altschneeproblemen der vergangenen Jahre selten lange anhalten. So wurde im Wallis, im Aostatal und in Teilen Tirol Mitte Januar die Gefahrenstufe 5 ausgerufen.
Das neue Jahr startete extrem niederschlagsreich und mild, es wurde der wärmste Januar seit Beginn der Messungen von MeteoSchweiz im Jahre 1864. In hohen Lagen fielen innerhalb von 25 Tagen verbreitet 2.5 bis 5 m Schnee, wobei die grössten Mengen im sonst eher trockenen Wallis registriert wurden. An gewissen Stationen ist das so viel, wie nur alle 75 Jahre zu erwarten. Am intensivsten waren die Schneefälle am Schluss dieser Periode mit 2 bis 3 m innert einer Woche. Auch diese Mengen sind selten, sie werden nur alle 15 bis 30 Jahre gemessen. Am Ende der Niederschläge, am 22. Januar, stieg die Schneefallgrenze auf etwa 2000 m. Trotz des günstigen Schneedeckenaufbaus musste grossflächig die höchste Gefahrenstufe (5, sehr gross) ausgegeben werden, zum ersten Mal seit dem Lawinenwinter 1999
Dazu der lesenswerte Rückblick vom SLF
Kritisch wurde es vor allem in sonst schneearmen Regionen, wie dem Wallis und dem Vinschgau. Trotz, bezogen auf die Meereshöhe gar nicht so großen Schneemassen, gab es dort massive Probleme und auch Gebäudeschäden.
(K)-ein Lawinenwinter?
Große Neuschneefälle bedeuten in der Regel große Lawinengefahr. Allerdings geht alleine schon durch die rasche Setzung und den flacheren Temperaturgradienten bei großen Schneehöhen die Gefahr rasch zurück, so dass sich nur wenig und örtlich begrenzte langlebige Schwachsichten ausbilden können. So gab fast im gesamten Alpenraum einen günstigen Schneedeckenaufbau. Altschneeprobleme waren selten. Die kurzzeitigen Gefahrenspitzen waren durch Neuschneefälle und Wind verursacht.
Gleitschnee war allerdings im Winter 2017/-18 fast allgegenwärtig. Nicht nur in den typischen Gleitschneeregionen, wie Allgäu, Lechtal und Bregenzer Wald, sondern auch zentralalpin.
Mitte Februar war im Allgäu eine besonders lawinenintensive Zeit. Siehe dazu hier.
Schnee und Kälte in ganz Europa
In Erinnerung bleiben werden sicher auch noch die beiden Kältewellen Ende Februar und im März, wobei der im Februar markanter war.
Wie schon gesagt, das ungewöhnliche am vergangenen Winter war, dass es sowohl in den Nordalpen, als auch in den Südalpen gleichermaßen reichlich Schnee gab. Auch die meist trockenen Zentralalpen wurden reichlich mit Schnee bedacht.
Aber auch in Spanien, der Türkei und auf dem Balken war Frau Holle großzügig.
Viel Schnee auch im Südwesten
Der meiste Schnee im Alpenraum fiel im Südwesten, genauer gesagt in den Seealpen und hier im Argentera Massiv. So kam es, dass Ende März 2018 selbst auf 600 m noch eine geschlossene Schneedecke lag. Tourenträume wurde war oder auch nicht, da viele Ausgangspunkte auf Grund nicht geräumter Straßen gar nicht erreichbar waren.
Rasches Winterende und Saharastaub.
Schneller als bei den bis dahin überdurchschnittlichen Schneemengen geglaubt deutete sich im April das Ende des Winters an. Fast der gesamte Monat war frühsommerlich warm und ließ die bis dahin so mächtige Schneedecke rascher dahin schmelzen, als man dies für möglich gehalten hatte. Während des gesamten Monats war eine Südströmung Wetterbestimmend. Weitere Bilder aus dem April 201 gibt es hier.
Im Mai 2018 verblieben für den allgäuer Skibergsteiger nur noch die Klassiker Großer Wilder, Hoher Ifen, Heilbronner Weg und Riedberger Horn, sofern man die Skier nicht spazieren tragen wollte.
Ein Mittelmeerwinter
Fazit: Es war ein „Mittelmeerwinter“, so wie man ihn aus den mediterranen Gebirgsregionen kennt. Viel Niederschlag, große Schneemengen im Gebirge und ein rascher Übergang vom Winter in den Frühsommer. Was auch klar wurde: Nicht der Klimawandel oder dessen Ausbleiben entscheiden wie der Winter wird und ob man künftig in den Alpen noch Ski fahren kann, sondern die Lage von Hoch- und Tiefdruckgebieten und die daraus resultierenden Strömungsverhältnisse.
Toller Bericht! Danke dafür. Nur der letzte Satz gefällt mir nicht. Letztlich hat sich doch gerade in diesem Winter der Klimawandel besonders manifestiert: Hohe Schneegradienten zwischen hohen und tiefen Lagen, die Rekordschmelze im April und kein Winter vergeht mehr in dem es nicht mehrfach bis weit über 2000m hinauf regnet. Am 29.12. hatte es bei uns im Tal über 30cm Schnee – keine 48 Stunden später war es komplett weggeschmolzen. Dass so viel Schnee so schnell schmilzt, das habe ich noch nie beobachten können. Im Flachland hat sich wieder mal gar keine über eine Woche sauber beständige Schneedecke gebildet! Dass man am 18.5. nach einem derart schneereichen Winter im Allgäu die Skisaison auch am Großen Wilden schon beendet spricht für sich. Ich sehe gerade an diesem Winter den Klimawandel mit seinem immer schnelleren Fortgang bestätigt. Bei gleicher Schneemenge im Hochwinter hätte die Berge vor 50 oder 100 Jahren Mitte Mai ganz anders ausgesehen. Durch extreme Wetterlagen wird es auch in Zukunft starke Schneefälle geben. Was halt deutlich zugenommen hat und weiterhin zunehmen wird, sind die Schmelzraten.
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Wie immer lässig, Kristian – Danke!
Viele Grüße,
Lukas
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