Jägerkrimi im Val d´Alpina

Folgende Geschichte hat sich im Winter 2019 irgendwo im Alpenraum zugetragen. Eine alpine Realsatire, die es Wert ist, aufgeschrieben zu werden. Wer versucht, alle Gipfel einer Gebirgsgruppe zu besteigen, kommt  fast zwangsläufig auch mal dort hin, wo man nicht sein sollte.

Eines Abends, es war fast schon dunkel, klingelt bei mir das Handy:

„Wir stehen da im Val Alpina. Unten an der Brücke warten drei Jäger auf uns, denen wollen wir auf keinen Fall begegnen. Was können wir machen? Wie ist die Rechtslage?“

Fährt man aus dem Val Licca in Richtung Passo Gallo hinauf fällt dem geschulten Auge des Skibergsteigers  auf der anderen Talseite, zwischen den Orten Pisclava und Plan ein wunderschönes Nordkar auf, dass weiter unten ins Val Alpina mündet. Ideales Tourengelände und trotzdem sieht man kaum jemals eine Spur in diesem Tal. Mit gutem Grund, den der Weg dorthin ist mit einigen Hindernissen gepflastert. Entweder ist eine rund 200 m tiefe Schlucht zu überwinden, oder es ist eine mehrere Kilometer lange Schleife hinter bis Plan und auf der anderen Talseite wieder vor zu gehen. Zu alle dem befindet sich am Eingang des Val Alpina noch eine Wildfütterung. Selbst deren Umgehung löst bei der zuständigen Jägerschaft nicht zu unterschätzende Aggressionen aus

Screenshot_2019-01-30 OpenTopoMap - Topographische Karten aus OpenStreetMap
Die Örtlichkeit des Geschehens. Die Futterstelle befindet sich in der ersten Wegkehre am Taleingang des Val Alpina und lässt sich in wenig skifreundlichen Gelände entlang des gepunkteten Fußweg umgehen. Das Problem war die Rückkehr auf der Forstraße, auf dem die Jäger die Tourengeher stellen wollten.

Val Alpina

Nachdem Franz-Kevin bei einer Skitour dort schon mal Ärger bekommen hatte und zudem die Reifen seines, am Ausgangspunkt geparkten Autos platt waren, hat er diesmal sein Fahrzeug auf den Parkplatz in Plan geparkt, wo einige allgemein übliche Touren beginnen.  Zusammen mit Fatima-Renate und Dirk-Mohammed brach er eines Morgens in Plan auf, um die noch fehlenden Gipfel im Val Alpina zu sammeln. Die Futterstelle am Taleingang wurde etwas oberhalb umgangen und bald schon erreichten die drei das schöne Skigelände und konnten die geplanten Gipfel besteigen.

Eines Abends, es war fast schon dunkel, klingelt bei mir das Handy:

„Wir stehen da im Val Alpina:  Unten an der Brücke warten drei Jäger auf uns, denen wollen wir auf keinen Fall begegnen. Was können wir machen? Wie ist die Rechtslage?“

Ich riet dazu, hoch oberhalb der Forststraße  nach Plan zu queren und noch weiter hinein in Richtung Val Angelo zu steigen um sich dort unter die Tourengänger zu mischen, die vom Rifugio Hanuva hinab kommen. Vorher die Kleidung ändern und getrennt kommen.

Beim Versuch das zu tun, wurden die drei beim Queren einer Waldlichtung gesehen und die drei Personen in „jagdgrün“ querten ihrerseits auf der anderen Talseite nach Plan, um unsere Tourengänger dort zu stellen. Also wieder zurück, runter in die Schlucht und drüben den Steilhang hinauf nach Pisclava. Gesagt, getan. Während Franz-Kevin und Fatima-Renate den Bach barfuß durchschritten, stapfte Dirk-Mohammed mit den Skischuhen durchs Wasser. Mit der Folge, dass die Pin-Löcher vereisten und er anschließend nicht mehr seine Skier anziehen konnte. Also wühlten  er sich im tiefen Pulverschnee den steilen Hang hinauf zur Straße zwischen Pisclava und Plan.

Inzwischen hatte Franz-Kevin einen in der Nähe lebenden Freund angerufen. Dieser sollte die Drei an der Straße aufsammeln und an den Jägern vorbei nach Plan zum Auto fahren. Letztere haben allerdings den Braten gerochen und Hubert-Abdullah gestoppt und ihn gefragt, auf wen er warten würde und ob die drei zum ihm gehören würden.  So fuhr er einfach ein bisschen zwischen Plan und Pisclava hin und her, während die drei wenige Meter unterhalb der Straße auf einen unbeobachteten Moment warteten.  Inzwischen war es dunkel geworden.

Die Sache schien sich mit der Zeit etwas hochzuschaukeln. Auf der einen Seite drei Jäger, die die Tourengänger unbedingt zur Rede stellen wollte, auf der anderen Seite die Tourengeher, die genau das nicht wollten. Vermutlich nahmen die Jäger auch an, dass die drei irgendetwas angestellt, oder gewildert hätten, da sie jeder Begegnung auswichen. Auf jeden Fall fuhr Hubert-Abdullah gut zwei Stunden, stets mit Jägereskorte zwischen Plan und Pisclava hin und her.  Irgendwann gelang es dann doch Fatima Renate und Franz Kevin unbeobachtet einzuladen und zu deren Fahrzeug in die nahe Bezirkshauptstadt zu fahren. Somit waren die Beiden unerkannt entkommen, was wohl am Wichtigsten war, da  Franz Kevin genau mit diesen Jägern schon mal Probleme hatte.

 

Allerdings stand Dirk-Mohammed immer noch auf oder unterhalb der Straße, da dieser ja zu seinem Auto nach Plan musste, mit dem alle drei angereist waren. Irgendwann, die Jäger waren längst verschwunden, wurde er von der Polizei aufgelesen und zu seinem Auto nach Plan gebracht. Das dabei seine Daten aufgenommen wurden, muss, so glaube ich nicht extra erwähnt werden.

Letztlich endete auch führ ihn das Abenteuer  Val Alpina ohne Zwischenfälle.

Nachbetrachtung

Ich möchte diese Geschichte nicht werten. Ich empfehle keine  Nachahmung. Die Story wurde mir unabhängig von drei Personen erzählt, somit halte ich sie für glaubhaft.  Wer die Realnamen der Beteiligten und der Örtlichkeit erkennt möge schmunzeln und schweigen.

Keiner der drei hat später irgendein Schreiben oder eine Strafe von einer Behörde bekommen. Das Betreten einer Futterstelle ist per Jagdgesetz in diesem Land verboten. Ob das auch für eine Umgehung der selbigen gilt, bzw. welche Abstände einzuhalten sind, ist mir nicht bekannt. Ökologisch wäre es sicher sinnvoller gewesen, einfach abzusteigen, sich den Jägern zu stellen, den Anschiss zu kassieren und fertig, anstatt Stunden lang kreuz und quer im Wildeinstand Katz- und Maus zu spielen.

Im Val Alpina sieht man heute, wie damals selten Spuren, was nicht nur an der Futterstelle und den inzwischen aufgestellten Verbotsschildern liegt, sondern auch an den komplexen Zustieg.

5 Kommentare zu „Jägerkrimi im Val d´Alpina“

  1. Schade, nachdem wir einem dieser Jäger mal begegnet sind und er sehr nett war, (mit dem Angebot bei ihm Wild kaufen zu können) fällt nun das Urteil ein wenig anders aus. Gut zu wissen!

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    1. Hallo Gabriele, es mag durchaus sein, dass die Jäger nett sind, wenn man dort unterwegs ist, wo die Masse unterwegs ist. Wenn sie freundlich sind und dir Fleisch anbieten, warum nicht? Ist sicher gesünder als aus Massentierhaltung. Ich werte und urteile nicht in dieser Sache. Ich habe nur recht anhaltend über diese Geschichte schmunzeln müssen.

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      1. Ich hab auch schmunzeln müssen 😉und überhaupt finde ich Deine Beiträge super und freue mich jedesmal auf neuen „Stoff“…
        Deine Gedanken teile ich meistens und auch den scharfen Blick für das selten Begangene – allein mir fehlen mind. 35 Jahre Skipraxis (hab erst mit Ende 30 angefangen Skifahrern zu lernen, zeitgleich ST), um das im Winter in die Tat umzusetzen. (Klopaier Spitze)
        Dennoch bin ich Anfang 80, als ich nach BY kam, eingetaucht in die Faszination alpine Welt. Um so mehr freut es mich, gute Blogs mit einer treffenden headline „FREIE Berge“ lesen zu dürfen – Reschpeckt!!!

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  2. Warum wollte Franz-Kevin die direkte Konfrontation mit der Jägerschaft unbedingt vermeiden?
    Franz-Kevin hatte schon bei der Tourenplanung auch etwas (zusätzlichen, in der Geschichte unerwähnten) Mist gebaut. Am frühen Morgen dieses Tages fuhr er spontan mit seinen zwei Freunden Fatima-Renate und Dirk-Mohammed ohne ein genaues Skitourenziel einfach drauflos den Licus entlang. Die Lawinenlage schränkte die Auswahl an noch vertretbaren Touren gut ein und am immer lawinensicheren Pico Mico waren die Tourengänger schon längst vorbeigefahren, aber die wandelnde Landkarte Franz-Kevin hatte schon noch den einen oder anderen, lawinentechnisch vertretbaren Plan B in seinem Kopf.

    Die Kommunikation zwischen Franz-Kevin und Dirk-Mohammed war schlecht. Ohne dass Dirk-Mohammed wusste, welche hirngespinstigen Touren Franz-Kevin antrieben, hatte Dirk-Mohammed seinen riesigen, schwarzen Hund dabei, der aus Kostengründen sein Leben lang ausschließlich von Trockenfutter ernährt wurde und so gerne doch mal einen echten Wildbraten vertilgen würden. Im Jahr zuvor hatte Franz-Kevin schon eine unangenehme Begegnung mit dem Jäger: Obwohl es damals weder irgendein Verbots- oder Hnweisschild gab und auch kein Hund dabei war, hatte der Jäger eine halbe Stunde lang getobt und die Luft aus den Autoreifen gelassen. Was würde wohl bei einer erneuten Begegnung an der gleichen Stelle passieren, wenn auch noch so ein riesiger Hund mit dabei ist?

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  3. Und noch ein kleiner Nachtrag zu Franz-Kevins Ehrenrettung als Nicht-Wildruhestörer: Die Wildfütterungen wurden so umgangen, dass es zu keiner Störung des Wildes kam und auch im Wald wurde nirgends Wild aufgescheucht. Wir waren in einem sicheren Abstand zu den Wildfütterungen, sodass es zu keinen sonstigen Irritationen des Wildes durch Geruchsspuren kommen konnte. Dank Franz-Kevins Ortskenntnis war dies gut möglich. Selbst der mangelernährte Hund hat von der Anwesenheit des Wildes bei den Wildfütterungen keine Notiz genommen. Dass diese Skitour trotzdem keine 50 Tourengeher pro Tag erträgt, dürfte klar sein.

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