Chachany, einer der leichtesten 6000er

Im trockenen Südwesten Perus stehen eine Reihe 6000er, die meist ohne besondere technische Schwierigkeiten zu besteigen sind. Auf Grund des trockenen Klimas und des Wassermangels können Tragtiere für die Zustiege kaum eingesetzt werden. Der logistische Aufwand um überhaupt an den Sockel des erstrebten Berges zu gelangen ist mit unter enorm.  Am Chachany halten sich die logistischen Hürden in Grenzen. Damit ist dieser mächtige Vulkan wohl einer der leichtesten 6000er Amerikas.

Trotzdem haben wir uns dafür entschieden ausgerechnet diesen leichten Gipfel in einer organisierten Gruppe, mit einem Bergführer zu besteigen.

 Zwei Fragen tauchten darauf hin auf:

  1. Welches ist überhaupt der leichteste 6000er?
  2. Gilt ein Gipfel, für dessen Besteigung man einen Bergführer bucht, als bestiegen?

Fragen, auf die es keine eindeutigen Antworten gibt.

Gleich vorweg. Leicht kann ein 6000er nur bei gutem Wetter und ausreichender Akklimatisation sein. Was die technischen Schwierigkeiten betrifft, so dürfte  irgend ein schneelose Riesenhügel in der Puna de Atacama der leichteste sein. Logistisch  gehören diese Riesenhügel zu den am schwierigsten zugänglichsten Bergen überhaupt.

Leichte 6000er gibt es auch im Hindukusch, jedoch dürfte hier die Sicherheitslage etwas angespannt sein, wenn das Basislager in gewisser Weise in ein Trainingscamp der Taliban integriert ist.

An den leichten Bergen im tibetischen Hochland wird man auf die selben Probleme treffen wie in der Puna de Atacama.

Der Chimborazo in Ecuador hingegen lässt sich leicht erreichen. Auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Auch gilt der Gipfel als leicht. Jedoch fordern die kurzzeitig bis zu 40 Grad steilen Gletscher sicheres Gehen mit Steigeisen und Gletschererfahrung. Hinzu kommt das unbeständige Wetter.

 

Der Huayna Potosi lässt sich denkbar einfach mit Bus, Taxi oder Mietwagen erreichen. Von Mai bis August ist das Wetter meist stabil. Die Route ist  so gut wie immer gespurt, jedoch sind hier bereits viele Bergsteiger in der steilen Gipfelflanke und dem ausgesetzten Schlussgrat überfordert.

Der Huayna Potosi ist vielleicht für den eiserfahrenen Alpenbergsteiger die leichteste Möglichkeit einen 6000er zu erreichen.

Zurück zum Chachany: Auch hier sind die logistischen Hürden größer als die technischen Schwierigkeiten. Meist ist die Südostflanke über die der Normalweg verläuft weitgehend schnee- und eisfrei, so dass weder Steigeisen noch Pickel erforderlich sind. Ein gut ausgetretener Pfad führt vom Basislager zum Gipfel. Das Wetter in der Region ist von Mai bis August faktisch niederschlagsfrei.

Da in der wasserlosen Hochgebirgswüste keine Tragtiere verfügbar sind, legt man die knapp 3000 Höhenmeter von Arequipa in das 5000 Meter hoch gelegene Basislager mit einem Geländewagen zurück. Nur eine knappe halbe Stunde geht man zu Fuß. Das dort benötigte Wasser muss man mangels Schnee mitführen. Damit wird schon das Problem klar, dass man hätte, würde man „by fair means“ von unten Aufsteigen. Es wäre Wasser für mehrere Tage zu tragen.

Für die rund vierstündige Fahrt ist ein wirklich guter offroadtauglicher Geländewagen nötig. Mit einem normalen Taxi ist eine Fahrt dorthin unmöglich. Für einen Privattransport  oder einen entsprechenden Mietwagen wären mehre 100 Dollar zu bezahlen. So beschlossen wir uns für weniger als 100 € pro Person uns einer organisierten Gruppe anzuschließen, wo Transport, Lunch, Abendessen und Frühstück inklusive ist.

Die Mindestteilnehmerzahl war drei, die Höchstzahl Acht. Da man bei so etwas nie weiß, wer sich noch anmeldet, spekulierten wir darauf mit der Gruppe hinauf zu fahren, zu essen und ab dem Basislager auf eigene Faust den Gipfel zu besteigen. Zu groß schien uns das Risiko mit unzureichend akklimatisierten Gelegenheitsbergsteigern irgendwo stecken zu bleiben.

Doch wir hatten Glück. Außer uns zweien hatte sich nur noch ein Tscheche angemeldet. Die Mindestgruppengröße war damit erreicht und Woitek war wirklich fit und so  bestätigte uns der Bergführer nach der Tour, dass dies seine schnellste Besteigung mit einer Gruppe gewesen sei.

Stellt sich nun die Frage ob eine Besteigung mit Bergführer gilt oder ob das so ist, wie wenn man sich beim Sportklettern an einer schwierigen Stelle an der Exe hochzieht anstatt das langwierig auszubouldern. Im letzterem Fall bin ich recht pragmatisch veranlagt, was für einen, der Rotpunktbegehungen sammelt natürlich ein Unding ist.

In unserem Fall waren es die Kosten und die Bequemlichkeit.  Denn für eine astronomische Summe einen Geländewagen anzumieten, sich damit im schlecht beschilderten Straßendschungel von Arequipa zu verfahren und oben nicht zu wissen, welchen Reifenspuren im Sand wir zu folgen haben, dass wollten wir uns einfach ersparen.

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Endlose Straßen. Berge die ncht direkt am Straßenrand stehen, lassen sich im Südwesten Perus nur schwer erreichen.
Chachany 2
Im Straßendschungel von Arequipa. Im Hintergrund der Chachany
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Anfahrt zum Chachany

Im Fall Chachany sage ich  ganz klar. Die Besteigung gilt, da wir die nötige Ausrüstung selbst vom Basislager zum Gipfel getragen haben und den Berg auch selbst hätten besteigen können.  Anders sähe es aus, wenn wir uns Fixseile hätten legen  lassen, an denen wir uns mit Steigklemmen hinaufziehen, so wie ich es vor einigen Jahren in der Cordilliera Blanca beobachtet habe.

Eine Besteigung gilt, wenn man vorhandene, etablierte Sicherungsmittel nutz. z.B. die Fixseile am Matterhorn. Eine Besteigung gilt, wenn sie vom letzten allgemein anfahrbaren (Auto, Bus, Bahn, Seilbahn)  Punkt aus gemacht wurde. Niemand wird eine Besteigung der Marchspitze in Frage stellen, wenn man dafür mit dem Auto ins Lechtal fährt, anstatt diese, wie ihr Erstbegeher Hermann von Barth zu Fuß von Sonthofen aus zu besteigen.

Ein Gepäcktransport ins Basislager sehe ich ebenfalls als unschädlich an. Als „nicht gemacht“ würde ich eine Besteigung allerdings ansehen, wenn Träger die komplette Ausrüstung in die Hochlager tragen und Fixseile legen. In den Alpen gilt eine Besteigung ja auch, wenn man auf der Hütte einkehrt, dort übernachtet, anstatt Zelt und Proviant zu schleppen.Nach einer  eigenständigen Versicherung einer schwiergen Passage um daran selbst das Material in ein Hochlager zu transportieren oder einfach nur weiter zu steigen, kann man die Besteigung wohl kaum in Frage stellen.

Ich fasse das mal so zusammen. Die Besteigung gilt, wenn man den Gipfel so wie er ist, wenn auch mit größeren Umständen und Mühen, eigenständig erreichen  hätte können.

Ganz nebenzu: Wir haben von unserem Bergführer auch interessante Dinge über die umliegenden Berge, das Bergführerwesen in Peru, die Ausbildung, das Problem mit angeblichen Führern ohne Ausbildung und vieles mehr erfahren. Unser Führer sprach zudem recht ordentlich englisch.

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Arequipa, die „weiße Stadt“ ist Ausgangspunkt für die Besteigung des Chachany
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Das Basislager
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Ein weiterer Wüstengpfel, gesehen vom Basislager
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Vegetation auf 5000 m Höhe. Die Höhe dieser Polsterpflanze beträgt ca. einen Meter. Die Pflanze ist steinhart.
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Sonnenaufgang auf dem Chachany
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Der Schatten des Chachany
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Unsere kleine Gruppe am Gipfel 6075 m über dem Meer
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Abstieg vom Gipfel mit dem einzigen Schneefeld das wir zu queren hatten
Misti
Eine Vicuna Herde vor dem Misti
Ampato
Weitere Wüsten-6000er. Von links der Ampato, Sabancaya und Hualca Hualca. Auch hier liegen die Schwierigkeiten in der Anfahrt.

Nach 2.45 Std. noch vor Sonnenaufgang  standen wir am Gipfel. Hermann Kiendler gibt dafür sechs bis acht Stunden an. Dabei war unsere Aufsteigszeit keine besondere Leistung, sondern nur ein Besipiel dafür, dass eine gute Akklimatisation alles ist.

Führer:   John Biggar „the andes“ (englisch), Hermann Kiendler, „Die Anden“ (deutsch) Panico-Verlag, Lonely Planet, Peru: Wichtig für Anreise, Alltag und alles was in Peru nicht mit dem Bergsteigen zu tun hat.

Karte: PIGM Blatt 33-t und 33-s Arequipa 1:100.000 (mäßig brauchbar)

Beste Zeit: Mai bis September, also im schwach ausgeprägtem Winter in Südperu.

Hütten: Keine.

Ausrüstung:  Alpine Zeltausrüstung (Zelt, Matte, Schlafack, Kocher), Wasser ist vom Tal mitzubringen!! Eventuell Steigeisen ( meist entbehrlich) . Warme Kleidung für Temperaturen bis minus 20 Grad.    Gute Stirnlampe!

Vergessene Ausrüstung kann man in Arequipa ausleihen..

Geeignet für wen? Für gut akklimatisierte Wanderer eine Gelegenheit  mal einen 6000er zu besteigen.

Schwierigkeit:    F  ; Wanderung auf deutlichen Pfad über steile Geröllhänge und gelegentlich über kleinere Schneefelder in großer Höhe und bei meist tiefen Temperaturen.

Aufstieg ins Basislager:

Vom Parkplatz, der sich in einem Sattel in rund 5000 m Höhe zwschen dem Chachany und einem östlich vorgelagertem Gipfel befindet auf einem guten Weg nach links  (Westen) in ca. 30 min ohne größere Steigung ins Basislager. Zahlreiche ebene, sandige Plätze vorhanden. Kein Wasser und meist auch kein Schnee.

Aufstieg zum Gipfel:

Auf einem deutlich ausgetretenen Pfad zu einem schwach ausgeprägten Grat hnauf und über diesen oder rechts davon auf einen Vorgipfel. Über den Hauptgrat nach rechts zum Gipfel. Im Bereich des Vorgipfels quert man steilere Hänge. Sollte hier harter Schnee liegen, was gelegentlich vorkommt, sind Steigeisen nötg. Meist sind diese entbehrlich.

 

Allgemeine Hinweise: In den tropischen Bergen sind die Nächte lang und kalt. Tageslicht gibt es im Juni von ca. 6.00 Uhr bis ca 17.30 Uhr. Eine ausreichende Akklimatisation ist im nur gut 2000 m hohen Arequipa  nicht möglich. Die rasche Auffahrt auf 5000 m stellt somit ein Problem dar, wenn man sich nicht andernorts akklimatisiert hat. Für eine Vierer-Gruppe die bereits akklimatisiert ist kann auch eine Tagestour mit einem Privattransport empfohlen werden. Preis: ca 250 bis 400 U$.

 

 

3 Kommentare zu „Chachany, einer der leichtesten 6000er“

  1. ein ziemicher schmarnn deine fragestellung ob ein gipfel zählt ohne hilfsmittel.
    gehe mal zum beispiel an den eiger, mittelegigrat.
    gehe ohne zahnradbahn, ohne mittelegi.hütte und ohne die seile am grat.
    es wird wohl eine expedition für eine woche.
    dann brauchst du nicht nach peru reisen für den urlaub.
    der mittelegigrat wurde erstbestiegen von oben durch abseilen.
    am werk waren ein paar bergführer, finanziert durch eine japaner.
    dann wurde eine hütte gebaut. da gab es die zahnradbahn schon.
    also der hüttenbau zählt auch nicht. nicht hochgetragen das zuuig, sondern gefahren mit der zahnradbahn durch den berg, und mit schlitten dann herunter über den gletscher und mit seil wieder hoch auf den grat.
    alles zählt nixxxx.
    also die erstbesteigung zählt gar nicht, nach deiner definition, ooodr?
    nix für unguut, deine fotos vonm azangate sind super.

    mfg
    hermann

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    1. Hallo Hermann,
      weiss nicht sicher ob dich die Funktion „antworten“ so erreicht.
      Aber ich wollte dir erzählen von was ganz Anderem: zwei Mädels aus N. haben aus dem Urlaub erzählt. Sie warem im Yosemite Valley weil die eine unbedingt El Capitan sehen wollte. War wohl insgesamt eine Enttäuschung aber eine von ihnen hat irgendwo eine Inschrift-Tafel mit dem Namen „Reisach“ gesehen. Hat leider kein Foto gemacht aber ich halte sie für sehr glaubwürdig.
      Hat mich halt auch an „long time ago“ erinnert. …….
      LG Angelika

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