Endlich Sommerferien. Gemeinsam mit ein paar Freunden aus der Alpenvereinsjugend radeln wir mit schweren Rucksäcken ins Hintersteiner Tal. Beim folgenden Aufstieg zu Fuß werden die Rucksäcke nicht leichter. Doch irgendwann ist der Schrecksee erreicht. Wir bauen unsere Zelte im weichen Grasboden am Ufer auf und verbringen ein paar abenteuerliche Tage am wohl schönsten Gebirgssee des Allgäus.
So meine Erinnerungen an die 80ger Jahre. Auch heut zu Tage stehen hin und wieder Zelte am Schrecksee , auf der Märchenwiese, am Wildenfeld, im Oytal und an anderen schönen Plätzen in den Allgäuer Bergen. Doch ist das erlaubt? Die vorschnelle Antwort lautet nein. Doch so einfach ist es auch nicht. Ich würde sagen: Erlaubt mit Abstrichen. Lesen wir dazu die Verordnung über das Naturschutzgebiet Allgäuer Hochalpen.
So heißt es in der genannten Verordnung unter § 4 (Verbote)
Es ist deshalb vor allem verboten:
zu zelten oder außerhalb felsiger oder felsnaher Bereiche zu biwakieren.
Soweit so unklar. Es stellen sich nun zwei Fragen.
1. Definition der Begriffe Zelten und Biwakieren?
2. Definition felsiger oder felsnaher Bereiche?
Die Verordnung, als auch weitere Gesetzestexte geben darüber keine Auskunft. Deshalb muss man andere Quellen zu Rate ziehen, die als allgemein anerkannte Grundlage zu sehen sind.
Der Duden sieht zelten und biwakieren als Synonyme, also als gleichbedeutend an. Somit zeigt die Verordnung bereits die ersten Schwächen, die sie gegebenenfalls anfechtbar macht.
Wikipedia sagt: Biwak (von französisch bivouac ‚Feldlager‘, ‚Nachtlager‘) bezeichnet ein Lager im Freien, aber auch in Zelten oder Hütten vor allem durch Soldaten oder Bergsteiger.
Somit ist klar: ein Biwak kann auch im Zelt statt finden und ist somit im felsigen oder felsnahen Bereich erlaubt.
Gibt es überhaupt eine Unterscheidung zwischen zelten und biwakieren? Sehen wir uns dazu innerhalb Europas andere Schutzgebiete an, die den den selben Schutzstatus unterliegen.
Vielfach wird in vergleichbaren Schutzgebieten wie folgt unterschieden. Ein erlaubtes Biwak mit Zelt bleibt ein solches, wenn man das Zelt mitträgt, abends aufbaut, im Bereich des Zeltes verbleibt um am Morgen alles zusammen zu packen und weiterzieht.
Illegales Zelten wird meist angenommen, wenn ein Zelt einen oder mehrere Tage stehen bleibt, dass man länger verlässt um wieder zurück zu kehren.
Diese Sichtweise könnte auch im Ernstfall, sofern es jemals dazu kommt, einem Richter als Anhaltspunkt dienen, wenn er auf Grund einer unklar definierten Verordnung Recht zu sprechen hat.
Kommen wir zu felsigen oder felsnahen Bereichen. Felsig dürfte ziemlich klar ein. Schwieriger wird es bei felsnah. Das kann sowohl nah (geringer Abstand) im Sinne von räumlicher Nähe bedeuten, als auch eine spärlich bewachsene, harte oder geröllige Fläche die von ihrer Eigenschaft einem Felsen ähnlich ist.
Nach der ersten Sichtweise z.B. die Wiese neben einem Felsen, nach der zweiten Sichtweise ein Geröllfeld, eine bewuchsarme Fläche wie die Staumauer am Schrecksee.
Biwakieren im Schnee
Biwakieren im Schnee ist in der Verordnung nicht genannt. In den Allgäuer Hochalpen türmen sich die Schneemassen oft meterhoch. Die Beschaffenheit des Bodens kann oftmals nicht festgestellt werden. Wer sich in der Nähe eines Felsen eine Schneehöhle gräbt, dessen Handeln ist über jeden Zweifel erhaben.
Nachstehend noch ein sehr anregendes Video aus dem Oytal . Falls unter der Schneedecke ein gerölliges Bachbett oder die befestigte Straße war, dann ist diese Aktion im grünen Bereich, auch wenn Jäger und Ökos diesbezüglich eine andere Meinung vertreten dürften.
Meine Tipps für ein (Zelt)-Biwak in den Allgäuer Hochalpen.
- haltet euch ein die erlaubten „felsigen oder felsnahen Bereiche“!
- bereitet das Biwak erst vor dem schlafen gehen vor und baut es am Morgen gleich wieder ab!
- unauffällig verhalten! Ist Regen oder starker Wind nicht zu erwarten, auf das Aufstellen eines Zeltes verzichten!
- kein Feuer machen, Müll wieder mitnehmen, ruhig verhalten!
Wenn jemand Stress macht.
Naturgemäß wollen Jäger und Ökos, seltener Alphirten und Hüttenwirte von den erlaubten Nischen nichts wissen. Wird man angesprochen, so sollte man freundlich aber bestimmt mit Hinweis auf die Rechtslage antworten. Dabei kann es durchaus vorkommen, dass man sein Gegenüber geistig überfordert, mit Anzeige gedroht wird und falsche Tatsachen behauptet werden und die Diskussion somit nichts bringt. Ruhig und gelassen bleiben!
Mit der Frage, wo man denn am besten bleiben kann und dass man heute den Abstieg nicht mehr schafft, gibt man den Ball schon mal weiter.
Übrigens: Nur ein Polizist, der an Uniform oder Dienstausweis eindeutig zu erkennen ist, ist berechtigt die Personalien festzustellen.
Hier noch ein Fundstück aus dem Netz
stiegen wir weiter auf in Richtung Eissee. Klar, Zelten in den Alpen, noch dazu in einem Naturschutzgebiet, jaja… Aber ich hatte bisher nie Probleme und einfach nicht daran gedacht, dass der Plan bereits an diesem Punkt einen Haken haben könnte. Der Haken kam dann nach gut 400 Höhenmetern hinter uns hergehechelt, mit Gewehren im Rucksack und tausend Argumenten in der Tasche: Jäger. Muss man ja nicht mehr dazu sagen. Also wieder absteigen
Tja, am Eissee kann ich einen „felsnahen Bereich“ auch bei großzügiger Auslegung des Begriffs nicht erkennen. Am Wildenfeld schon. Eine passende Antwort wäre gewesen: Wir steigen zum Hornbachjoch und biwakieren auf Tiroler Boden für einen kurzen, durch den Anlass gebotenen Zeitraum
Das hätte dem Jäger vermutlich genau so wenig gefallen. Dank der Staatsgrenze geht es ihn einfach nichts an.
Mit gesundem Menschenverstand, unauffälligem Verhalten, dem Wissen über den rechtlichen Status wird ein Biwak mit oder ohne Zelt in den meisten Fällen problemlos sein. Zudem bietet es eindrückliche Naturerlebnisse vor der Haustüre.
Biwakschachteln
In den Allgäuer Alpen gibt es keine Biwakschachteln. Besonders im italienischen Alpenraum sind diese zahlreich vorhanden und stellen eine legale Alternative zum oft heiß diskutierten Zelten und biwakieren da.
Was dabei zu beachten ist, wurde von „bergzeit“ zusammengestellt.
https://www.bergzeit.de/magazin/biwakschachtel-alpen-notunterkunft/
Im Naturschutzgebiet zu campen ist rücksichtslos gegenüber der Tierwelt.
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Der Tierwelt schadet das in kleinster Weise. Sonst würde ja auch die Kuh auf der Weide Nachts die Tierwelt stören.
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Warum sollte die Kuh, die übrigens ein Kalb, max. ein Rind ist; ein anderes Tier stören, das sind ja Artgenossen. und Tiere, egal welcher Gattung, außer die „zweibeinigen Rindviecher“, hinterlassen keine Raviolidosen u. dgl. !!!
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Albernheiten. Entscheidend ist nicht nur was, sondern vor allem wie ich etwas tue. Bei entsprechender Rücksichtnahme (d.h. ggf. Abwarten des Verhaltens der Tiere, Rückzug odr ausweichen etc.) sind diese nicht gestört, eventuell sogar vorsichtig neugierig, wie ich selbst schon oft erleben durfte.
Was hat außerdem die kritisierte Rücksichtslosigkeit mit von Menschen, ergo künstlich eingerichteten Naturschutzgebieten zu tun? Da sich die Tierwelt zum Glück nicht auf diese beschränkt, wären die Folgen außerhalb nicht anders. Bliebe als logische Konsequenz nur: Menschen raus aus der Natur.
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Es ist einfach unfassbar, wie hier mit zweifelhaftem juristischen Halbwissen geradezu dazu aufgefordert wird in Naturschutzgebieten zu übernachten.
Wer im Alpenraum unterwegs ist der hat auf die Natur Rücksicht zu nehmen. Bei zig tausend Wanderern jedes Jahr auf den entsprechend stark frequentierten Wegen ist es einfach unverantwortlich sein Zelt am Wegesrand aufzubauen, nur damit sich der nächste denkt – Zelten in den Alpen, warum nicht.
Gegen ein Notbiwak im verblockten Gelände auf 3000m sagt keiner etwas. Da geht es dann aber auch nicht mehr um „Komfort“ sondern schlicht darum sich nicht beim Abstieg im Dunkeln den Hals zu brechen – wer in den Alpen Komfort sucht, der wäre besser im Flachland geblieben.
Die Definition des Dudens heranzuziehen mag für den Laien naheliegen. Der Gesetzgeber dürfte hier allerdings nach Sinn und Zweck der zitierten Norm ein Biwak im Sinne des Alpinen Bergsteigens gemeint haben – sprich wasserdichter Biwaksack ohne sonst etwas. Damit wird die besondere Stellung des Bergsports berücksichtigt, der solche Übernachtungen teils erfordert. Zelt aufbauen im Naturschutzgebiet ist nicht.
Solange eine Alpenvereinshütte in erreichbarer Nähe liegt ist diese auch zu benutzen. Wem das nicht schmeckt, der kann zum Trekking nach Skandinavien gehen. – Dort ist das Zelten überall erlaubt. Aber auch dort gilt: Leave No Trace – sprich: Müll einpacken, kein Feuer machen, keine laute Musik hören und ja: auch Hinterlassenschaften und dazugehöriges Papier wieder einsammeln und einpacken!
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klingt etwas engstirnig und grünpopulistisch
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Hallo,
ich kann die Situation bzw. das Verbot am Schrecksee verstehen. Als ich das letzte mal (2015) dort oben mit einem Tarp genächtigt habe, kam ich mir bei meiner abendlichen Ankunft vor wie auf einem Zeltplatz, hier ein Feuer – da ein Feuer, hier Gegrölle und da hinten auch – schön war das nicht mehr. Jetzt bleiben Zelt und Tarp daheimund es kommt nur noch ein Biwaksack mit. So habe ich die letzte Jahre problemlos auf einer Vielzahl von Gipfeln und schönen Plätzen genächtigt. Spät kommen – früh wieder weg sein.
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