Pelvoux – einfach nur ein genialer Berg

Knapp verfehlt er die 4000 Meter Marke. Diesen Mangel gleicht er aber durch seine gewaltige Masse und seinem steilen Aufbau aus. Ein Berg, der gerade im Abstieg bis zum letzten Meter fordert, aber nicht überfordert, sofern man ihn genau dann in Angriff nimmt, wenn die Verhältnisse passen. Nach einem überreichlichen Menü auf der Hütte, preiswerten Rotwein und einer kurzen Nacht beginnt bereits um 3.30 Uhr der Aufstieg. Der Abstieg wartet mit so ziemlich allem auf, was es im Gebirge so gibt. Spalten, Abklettern, Abseilen, Geröllfelder, Steilgras, abschüssige Granitbänder bis ganz hinab zum Talboden. Eine rundum eindrucksvolle Hochtour.

Wer aus dem deutschsprachigen Raum die lange Reise in die Dauphine (die richtigerweise auf französisch Massif de l‘ Oisans heißt)  auf sich nimmt, den zieht es in erster Linie auf den südlichsten 4000er der Alpen, die Barre des Ecrins. Bestenfalls die Meije ist noch im alpinen Allgemeinwissen vorhanden. Auf einer Skidurchquerung durch das „wildeste Skitourenrevier der Alpen“ (R. Klappert) war uns die gewaltige Nordwandkulisse von Pelvoux, Sans Nome und Ailefroide aufgefallen. Der Wunsch kam auf, diese Berge mal zu besteigen. Ein paar Jahre später war es denn so weit.

Ausgangspunkt ist die nur im Sommer bewohnte Siedlung Ailefroide. Im Gegensatz zu vielen Ostalpendörfern, die den Titel Bergsteigerdorf tragen, es aber nicht sind, ist Ailefroide tatsächlich ein Bergsteigerdorf.

Camping Ailefroide
Ailefroide. Ein riesiges Basislager und ein echtes Bergsteigerdorf

Der ganze Talboden dient praktisch als Campingplatz. Daneben ein paar im Sommer bewohnte Häuser, Restaurants ein ausreichend großer Parkplatz, zahlreiche Klettergärten  und viel unberührte Natur rundherum. Hier kann man ohne groß vorzubuchen übernachten wenn Wetter und Verhältnisse passen und genau dann starten wenn es aus alpinen Überlegungen heraus sinnvoll ist.

 

Was hier auch passt. Ein großer Gratisparkplatz am Beginn der Tour und ab dort Wildnis. Sprich rauer Fußweg statt einer Forststraße.  Keine Schranken, keine Verbotsschilder stoppen die Weiterfahrt, sondern ganz einfach die Natur. So soll es sein.

Die Hütte

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Auffallend viele Hauswurzgewächse säumen den Hüttenzustieg

Das Refuge Pelvoux  ist eine echte Bergsteigerhütte. Es gibt ein reichliches Abendmenü und der Liter Rotwein hat gerade mal 6,–€ gekostet. Zuviel davon sollte man sich allerdings nicht gönnen, den Bereits um 3.30 Uhr wird das eher spartanische Frühstück serviert. Der Wirt kennt sich aus, nimmt sich Zeit um jeden Gast mit Tipps zu seiner Tour zu versorgen und er spricht fließend englisch.ref pelvoux

Die Tour

Coloir Cooligde
Rückblick durch das Coloir Cooligde, durch das wir zuvor aufgesteigen waren

Wir hatten im August 2014 gute Schneeverhältnisse und konnten somit durch das Coloir Cooligde aufsteigen. Oben hinaus wurde selbiges doch ganz schön steil, so dass ein zweiter Pickel angenehm gewesen wäre.  Es gibt laut Aussagen vom Hüttenwirt einen Felsanstieg, den man benutzen kann, falls das Coloir eisig oder ausgeapert ist.

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Tagesanbruch auf dem Plateau

Nach dem Coloir errreicht man ein weites Gletscherplateau von dem aus die einzelenen Gipfel des Pelvoux rasch und ohne große Schwierigkeiten erreichen lassen.

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Gipfel Pelvoux
Auf dem Gipfel des Pelvoux (Pelwuu)
meije
Blick zur Meije (gesprochen Määsch). Dessen Überschreitung gelang Tobi und mir im Juli 1998. Die alpine Weisheit“ Wer die Meije nicht kennt, der kennt die Alpen nicht“ kann ich bestätigen.
Ailefroide
Blick zum Ailefroide. (Elfrod oder Elfroa) Dessen Gipfel haben David und ich zwei Jahre später bestiegen
les Bans
Les Bans (Lö Bäh). Ein Ziel für die Zukunft.

Der Abstieg

Der Abstieg ist das eigentliche Herzstück der Tour. Er beginnt harmlos. Bald schon wird der Gletscher steiler und spaltenreicher bis er irgendwann völlig unpassierbar wird. Gemäß Routenbeschreibung weichen wir auf einen Felssport aus, dem wir mal im Gehgelände, mal mit Abklettern folgen, bis dieser ebenfalls unpassierbar wird. Durch ein steiles Coloir seilen wir mehrfach ab, um wieder den Gletscher zu erreichen. Nachdem dieser gequert ist, ist das Schlimmste überwunden. Doch der Abstieg bleibt spannend. Zum Schluss führt ein schmales Felsband, vorbei an den Umlenkungen der Sportklettertouren hinab zum Talgrund.

Spalten

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Noch ein Stück auf dem Felssporn, dann muss man diesen abseilend nach rechts verlassen.
Abstieg Pelvoux
Der Abstieg bleibt spannend und fordernd. Fast bis zum allerletzten Meter.

 

 

'Karte Pelvoux

 

Führer:   snow and mixed climbs Ecrins east    (englisch) AV-Führer „Dauphiné“ von Hartmut Eberlein. Bergverlag Rudolf Rother, 1988 München. Leider schon etwas veraltet!

Karte: IGN 3436 Meije, Pelvoux

Hütten: .Refuge Pelvoux 

Ausrüstung: Normale Hochtourenausrüstung  (komplette Gletscherausrüstung). Ein 50 (oder besser 60) Meterseil. Oder eben ein 50ger Seil +Rapline zum Abseilen.

Geeignet für wen? Alpine Allrounder.

Schwierigkeit:  Coloir Südwestflanke und oberer Westgrat. PD+, UIAA im Fesl bis II, im Schnee oder Eis bis  45 Grad.

Die Route:

Aufstieg:

Das Couloir Coolidge stellt den einfachsten Aufstieg zum Mont Pelvoux dar.
Vom Refuge du Pelvoux verfolgt man den Rücken auf welchem die Hütte steht aufwärts. Anschliessend wird der tief eingefressene Graben des Torrent Clot de l‘ Homme gequert  Über gleichförmige Geröll und Felshänge gelangt man schliesslich zu einem Geröllsattel leicht nördlich der Bosse de Sialouze (3224m), es ist empfehlenswert den Aufstieg bis hier – vor allem aber die Querung unter dem Clot de l‘ Homme – am Vortag zu inspizieren. Über einen Pfad auf der linken Seite des Hangs, der hinauf zur Bosse de Sialouze führt. Nun über den Glacier de Sialouze zur Basis  des etwa 400m hohen Couloir Coolidge (durchschnittliche Neigung etwas über 35 Grad, maximal in Abhängigkeit von den Verhältnissen bis zu 45 Grad) das in seiner ganzen Länge zum Gipfelplateau des Pelvoux durchstiegen wird. Von hier westwärts zur Pointe Puiseux .

 

Abstieg:

Nach NO über den Glacier des Violettes:
Das Gipfelplateau Richtung Ost zum Petit Pelvoux überqueren. Nun in etwa auf der Mitte  des Gletschers absteigen und dort, wo er wieder flacher wird flacher wird zum linken Rand und dort versuchen den Felssporn über einen Eisbruch zu erreichen. Vom Sporn 2x25m in Richtung Osten auf ein kleines Plateau abseilen. Auf dem anschliessenden schmaler werdenden Felsgrat nach Osten abklettern. Bis zu einer Abseilstelle. Vorsicht, diese verleitet nach Norden abzuseilen, stattdessen muss jedoch zwingend in eine enge Rinne nach Süden abgeseilt werden.
Nun unterhalb des Eisbruchs den Gletscher gerade überqueren und gegenüber auf ein kleines Felsplateau. Dort durch eine Rinne abermals abseilen auf das Névé Pélissier.  Auf ausgetretenem Pfad nach Osten steiler werdend absteigen. Der untere Steilabbruch wird über ein Band querend von Nord nach Süd abklettert. 5-6h vom Gipfel.

Wichtig:

Nur bei guter Sicht und guten Verhältnissen. Der Hüttenwirt kennt sich gut aus und gibt fachkundige Auskunft. Es soll neben dem Coloir Coolidge noch einen Felsanstieg von Süden geben, der zu bevorzugen ist, falls das Coloir eisig oder ausgeapert ist.

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