Waltenberger Haus

Am 15. Juni  2017 wurde das neue Waltenberger Haus eröffnet. Nach gut eineinhalb jähriger Bauzeit inkl. Winterpause präsentiert die Sektion Allgäu Immenstadt nun die neue Hütte. Von außen gesehen, ein schlichter Zweckbau, innen jedoch ein wahres Schmuckstück. Die Entscheidung, ob und wie die Hütte neu zu bauen ist, hat sich die Sektion nicht leicht gemacht. Auf einer außerordentlichen Hauptversammlung  zu der alle Mitglieder eingeladen waren, wurde demokratisch für den Abriss und Neubau der Hütte gestimmt. Auch in diesem Punkt wurde alles richtig gemacht. Egal wie man den Neubau nun sieht. Eines steht fest. Die alte Hütte wäre früher oder später wegen diverser Auflagen als Übernachtungstützpunkt geschlossen worden.

Kritik gab es vor allem im Vorfeld. Manch einer trauerte der alten, gemütlichen Hütte nach. Gemütlich war diese allerdings nur, wenn die Gaststube maximal halb voll und es draußen trocken und warm war. Ich glaube von diesen Bergromantikern hat noch keiner oben übernachtet, wenn die 70 Lagerplätze voll belegt sind, es draußen regnet und nicht mal für die Hälfte der Übernachtungsgäste ein Sitzplatz in der Gaststube vorhanden war. Vom fehlenden Trockenraum ganz zu schweigen. Kaum vorstellbar unter welchen beengten Verhältnissen der Wirt dann dieses Chaos beherrschen musste.

Eines ist sicher. Das neue Waltenberger Haus ist auf jeden Fall einen Besuch Wert.

Die Sektion Allgäu Immenstadt, der Hüttenwirt und die Handwerker haben großartiges geleistet! Gratulation dafür.

Waltenberger 2 neu
Das neue Waltenberger Haus
WHB
Das alte Waltenbergerhaus (2014)
lage der hütte
Der rote Kreis markiert die Lage der Hütte

Stilvoll, sauber, geräumig.

Waltenberger Gaststube
Stilvoll, die Gaststube
Waltenberger Trockenraum
geräumig und zweckmäßig: Trockenraum
Waltenberger Lager
Kleine Schlafräume anstatt Massenlager

Energieautark

Die Hütte wird durch eine Photovoltaikanlge und einem 3000 ltr. Warmwasserspeicher versorgt.

Keine Materialbahn

Die Hütte wird ausschließlich mit dem Heli versorgt. Das fordert eine gute Planung der benötigten Dinge. Hüttenwirt Markus Karlinger hat schon als Wirt der „alten Hütte“ bewiesen, dass er es kann. Warum im Zuge des Neubaus keine Materialbahn errichtet wurde, liegt vermutlich am schwierigen Gelände

 

Sinnvolle Vorschriften oder überzogener Bürokratismus?

Man kann sich darüber streiten, ob die Vorschriften zum Brandschutz, Hygiene , zu getrennten Toiletten und zum Umweltschutz alle notwendig sind. Fakt ist, irgendwann mussten sie umgesetzt werden und die alte Hütte hätte geschlossen werden müssen. Gerade beim Thema Brandschutz und Fluchtwege war dringender Handlungsbedarf vorhanden. Ob und in wie weit es diese aufwendigen Sanitärräume oben an einem Steilhang, 1.000 Meter über dem Tal gebraucht hätte, darüber  kann man geteilter Meinung sein. Die Fäkalien müssen beispielsweise mit dem Hubschrauber ins Tal geflogen werden. (umweltfreundlicher als ein alter Donnerbalken?) All das verursacht Kosten, die sich in den Übernachtungspreisen niederschlagen. Die Übernachtungspreise auf den Hütten der Sektion Allgäu Immenstadt liegen derzeit im oberen Bereich für DAV-Hütten (Vergleich mit zahlreichen anderen Hütten in den Lechtaler Alpen) Der Fairness halber muss  gesagt werden, dass sie weniger als die Hälfte betragen, als auf vergleichbaren Hütten des SAC.  Beim Thema Brandschutz und Fluchtwege sollte man auch keine Kompromisse eingehen. Bei anderen Themen, wie Hygiene, Waschräume, Entsorgung stellt sich schon die Frage, ob man 2000 m über dem Meer und 1000 m über dem Tal alles so eng sehen muss. Ein bisschen mehr Liberalität wäre beim Bau im Gebirge angebracht.

Grundsatzfrage

Die Grundsatzfrage, ob so eine luxuriöse Hütte notwendig war, wurde, wie bereits erwähnt demokratisch entschieden. Die Alternative wäre ein Rückbau zu einer kleinen Selbstversorgerhütte oder einer Notunterkunft gewesen. Da man sich für einen Neubau entschieden hat, war es nur gut und richtig, diesen nach dem neuesten Stand der Technik gebaut wurde

 

Kritik

An der Hütte selbst, am Hüttenwirt und an der Entscheidungsfindung der Sektion zum Bau in dieser Form gibt es wirklich nichts zu kritisieren.

Die Tatsache, dass die Reservierung über die Webseite von Hüttenholyday zu erfolgen hat, ist schon kritikwürdig. Man muss sich erst registrieren, um den Service überhaupt nutzen zu können. Zudem  setzt es voraus, dass man auch bei einer mehrtägigen Hüttentour immer wieder online sein sollte. Im Gebirge ändern sich die Verhältnisse schnell und so kann es durchaus vorkommen, dass ein gestern noch leichter Schartenübergang heute kaum möglich ist. Ein spontanes Absagen ist schon deshalb nicht möglich, da aus den Telefonnummern der Hütten im Allgäu ein kleines Staatsgeheimnis gemacht wird. Telefonisch ist der Hüttenholyday  nur über eine teure 0900-er Nummer zu erreichen.

Nein, normalerweise braucht es auf einer Hütte kein W-lan. Solche fragwürdigen Reservierungssysteme führen aber dazu, dass es dann doch gut wäre, wenn man es zu Verfügung stellen würde. Zudem würde ich mich, bevor ich reserviere gerne beim Wirt  über die Verhältnisse der geplanten Tour erkundigen. Macht man  auf Schweizer Hütten auch so. Die Auskünfte der Alpininfo Oberstdorf eignen sich höchstens für irgendwelche Touris, die ein bisschen Wandern wollen.

Spontanes Bergsteigen, genau dann und dort, wo die Verhältnisse passen, wird mit solchen Reservierungssystemen immer schwieriger.

 

Ausblick

Die Hütte hat das Potential zu einem großartigen Bergsteigerstützpunkt in den Allgäuer Alpen. Vor allem an der Trettachspitze gibt es noch viel Potential. Sinnvoll wäre eine gut gesicherte Tour im mittleren Schwierigkeitsbereich einzurichten. Leichte und schwere gibst ja bereits. Gerade für diese Hütte wäre es auch sinnvoll einige nicht markierte bzw. teils verfallene Wege zu reaktivieren. So z.B. der Weg von der Hütte zur Märchenwiese und über den Einödsberg ins Tal und den inzwischen verfallenen Weg vom Wildengundkopf über die Mädelealpe in die Spielmannsau. Letzterer ermöglicht eine großartige Rundtour mit Ausgangs- und Endpunkt Spielmannsau.

Touren

(Schwierigkeiten nach der Wanderscala des SAC bzw. Kletterschwierigkeit nach UIAA)

Da die Hüttenhomepage wenig über die von dort möglichen Touren aussagt, habe ich einige in Kurzform zusammengestellt.

Zustieg:

Vom Parkplatz bei der Fellhornbahn in einer Stunde oder von der Birgsau in einer halben Stunde auf einer für den privaten KFZ Verkehr gesperrten Straße nach Einödsbach.Von Einödsbach stets auf der in Aufstiegsrichtung linken Talseite über den meist ganzjährig schneegefülltem Bacher Lochsteigt man  in Richtung Waltenberger Haus auf. Wasserfälle, Grünerlerngebüsch und die für das Allgäu typischen blumengeschmückten Graswände begleiten unseren Weg. In ca. 1700 m Höhe überwinden wir eine solche Felswand mit hilfe des in den Felsen gesprengten Weges. Anschließend folgen noch ein paar Kehren bis zum nun gut sichtbaren Waltenberger Haus.

T3-4, Zeit ab Einödsbach 1 1/2 bis 2 Std.

Heilbronner Weg.

Bockkarkopf
Der Heilbronner Weg führt auch über dern Bockkarkopf

Die Hütte liegt ideal für die Kurzvariante des Heilbronner Wegs oder auch wenn man sich für diesen mehr Zeit nehmen möchte. Eine Beschreibung findet sich hier.

 

Trettachspitze.

Eine Beschreibung findet man hier: TrettachspitzeTrettach vom Berd der guten Hoffnung

Hüttenzu- bzw. Abstieg über den Wildengundkopf.

Kartenskizze trettach

Der aussichtsreiche Zustieg über den Wildengundkopf folgt nicht markierten Wegen. Die Crux ist es, denn Anfang zu finden. Siehe Trettachspitze

Schwierigkeit: T4

Zweitägige Runde aus der Spielmannsau

Folgende Runde hat einen Schöheitsfehler. Der Wegabschnitt zwischen Mädelealp dem Spätengundkopf ist weitgehend verfallen und verwachsen und als Weg kaum noch zu erkennen. Somit eignet sich diese Runde nur, für Leute, die sich mit Karte im weglosen Hochgebirge sicher bewegen können. Wen dies nicht schreckt kann eine schöne, ein- oder zweitägige Runde unternehmen und diese je nach Lust oder Können mit der einen oder anderen Gipfelbesteigung würzen.

Kartenausschnitt Runde Waltenberger

 

Mädelegabel

Die Mädelegabel lässt sich vom Heilbronnerweg rasch über ihren Südostgrat besteigen. Markierter Weg.

T4, I

Hochfrottspitze

Hochfrott
Die Hochfrottspitze von Westen. Von rechts der Aufstiegsgrat von der Bockkarscharte. Links die Mädelegabel

Mag sein, dass die Schwierigkeiten des üblichen Aufstieges etwas selektiv wirken, doch dann müsste dies auch für  die elegante Trettachspitze gelten. Die Schwierigkeiten gehen über eine ganz kurze Stelle im unteren dritten Grad nicht heraus, doch scheint die leichter zu besteigende benachbarte Mädelegabel für den die Masse der Heilbronnerwegbegeher attraktiver zu sein. Dabei bietet gerade die Überschreitung von der Hochfrottspitze zur Mädelegabel dem erfahrenen Bergsteiger ein alpines Schmankerl von erlesener Güte. Sozusagen die höchste Allgäuer Gratüberschreitung. Ein Grat der nicht durch Farbe oder Seile verunstaltet wurde. In der Regel wird diese Überschreitung seilfrei begangen.

Von der Bockkarscharte steigen wir zunächst gemächlich knapp rechts des Südwestgrates gipfelwärts. Bald stellt sich ein ca. zehn Meter hohes  senkrechtes Wändchen in den Weg, das an guten Griffen in festen Fels möglichst direkt überklettert Wird II+/III-.  Der kurze Weiterweg zum Gipfel fordert wegen dem schuttbedecktem Fels Vorsicht, mit technischen Problemen wartet er jedoch nicht mehr auf. Etwas leichter, aber weniger schön erreicht man den Gipfel auch über den Westgrat, von den Bergen der guten Hoffnung aus.

Übergang zur Mädelegabel.

Vom Gipfel mit geringem Ausweichen  nach rechts über den Nordostgrat hinab in die Scharte vor der Mädelegabel. Deren SW-Grat fordert Kletterei, die durchgängig II und stellenweise II+  zu bewerten ist,  dazu eine ordentliche Exponiertheit und Steilheit. Ganz so schlimm, wie es von der Hochfrottspitze aussieht, ist es aber nicht.

Schwierigkeit: II-III, T4-5

Berge der Guten Hoffnung

Berge der guten Hoffnung.jpg

Die beiden „Hausberge“ des Waltenberger lassen sich in je rund einer halben Std von der Hütte aus besteigen. Allerdings nur von Leuten, die sich in unmarkierten und brüchigen Gelände sicher bewegen können. Dazu verlässt man den Weg von der Hütte zur Bockkarscharte nach rund 15 min. Während der Westliche (rote Linie) nur Trittsicherheit im abschüssigen Schrofengelände verlangt, ist am Östlichen (grüne Pfeile) handfeste Kletterei im Dritten Grad geboten, die mangels Haken auch wieder abgeklettert werden muss. Entsprechend selten wird der Gipfel bestiegen.

Schwierigkeit: Westlicher: I, T4-5, Östlicher III, T5

IMG_2379
Wer Glück hat, findet auf den „Hoffnungen“ einen Gipfelschnaps
östlicher Berg der guten hoffnung
Mit den Östlichen Berg der guten Hoffnung ist nicht zu spaßen

 

Winter

Auf Grund des Geländes zählen die Skitouren um das Waltenberger Haus zu den schwierigsten im gesamten Allgäu. Die Touren sind auf die wenigen Tage im Winter beschränkt, an denen wirklich alles passt. Ein Winterraum ist vorhanden.

Weiterreichende Informationen

Webseite des Waltenberger Haus

Webseite der Sektion Allgäu Immenstadt

Literatur zu Hochfrott- und Trettachspitze

Karten: DAV Karte 2/1 Allgäuer- Lechtaler Alpen West

Bebildeter Bericht über die Überschreitung Hochfrott-Mädelegabel

5 Kommentare zu „Waltenberger Haus“

  1. Also auf der Kemptner gibt es nun ja bald W-LAN. Da kann ich dann endlich nicht nur meine Waltenbergerübernachtung online buchen, sondern auch noch die anderen Reservierungen im Ötztal, Grödnertal und der Bernina für dasselbe Wochenende (verletzungsbedingt) stornieren. War ja vorher netztechnisch nicht möglich – was leider für die Wirte zu Unannehmlichkeiten führte. Also ein Hoch/Prost auf die Technik…

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    1. So sieht also die schöne neue Welt des DAV aus. Naturerlebnis ohne Internet nicht mehr möglich! Na ja, so lange es noch Hütten gibt mit Telefon und persönlicher Auskunft, werde ich einen Bogen um das neue Waltenberger Haus machen.

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  2. Hallo Kristian, eine schöne Hütten-„Rezension“! Kannst du eventuell noch ein wenig mehr zu der Sache mit der Reservierung über Hütten-Holiday in Erfahrung bringen. Scheint ja eine Geschäftsidee aus dem Allgäu zu sein und auch vielleicht bald alle Allgäuer Hütten zu betreffen. Was mich besonders daran stört ist nicht die Art die Buchung zu zentralisieren, sondern daran mit 12,5% zu verdienen. Diese werden auf die Höhe der Voranzahlung (10€/Tag/Person) pro Buchung fällig. Und diese Buchung kann nicht mehr umgangen werden. Sie lässt sich zwar zwei Tage vorher kostenlos stornieren, aber die Gebühr wird dann futsch sein.

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  3. „Der Wegabschnitt zwischen Mädelealp dem Spätengundkopf weitgehend verfallen und verwachsen und als Weg kaum noch zu erkennen“
    Es gibt ein Schild mit der Aufschrift „Lebensgefahr“ an der unteren Mädelealpe, zurecht! Man folgt dem gut erkennbaren Weg, bis man nach links auf etwa 1.400 müNN den Bach quert. Bei Nässe heikel, danach ist Weg wieder klar zu erkennen. Auf 1.555 müNN trifft man dann auf einen neuen Jägerstand, kein Wunder also, dass der Weg noch Verwendung findet. Später muss man wieder einen Bach queren, was wiederum bei Nässe heikel ist, da man an den erdigen Stellen leicht abrutschen kann. Der weitere Wegverlauf orientiert sich am parallelen Bachverlauf in Aufstiegsrichtung, bis man auf eine (sanierte) Hirtenalpe trifft, von dort dann weglos auf den Sattel zwischen Spätengundkopf und Wildengundkopf. Schwierigkeit T4- bis T5- (Bachquerungen)

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