Was passiert am Grünten? Teil 2

Es entspricht meiner liberalen Einstellung, jedem seine Erfüllung, sein Hobby, sein Glück und sein Auskommen zu gönnen. Wenn allerdings einer Gruppe nur ständig naturschädliches Verhalten, Sachbeschädigungen, Verstöße gegen die Straßenverkehrsordnung  und die Missachtung von Regeln vorgeworfen wird und in sozialen Medien  pauschale Unterstellungen, Lügen und der Versuch eine Nutzergruppe vom Berg zu verbannen verbreitet werden, neige ich rasch zu Gegenpositionen, die auch mal übers Ziel hinausschießen. Frei nach dem Motto „keine Toleranz gegen die Intoleranz“. Um so schwieriger ist es, sich beim Thema Grüntenerschließung eine Meinung zu bilden und objektiv abzuwägen. Ich möchte es trotzdem versuchen.

 

Ausgangslage:

Der Grünten als erster Berg am Alpenrand wird seit jeher stark besucht. Wanderer, Skitourengänger, Kletterer, Mountainbiker schätzen die leichte Erreichbarkeit. Zudem gab es auf der Nordseite zwei Pistenskigebiete, die inzwischen Pleite gegangen sind. Ein Skigebiet soll nun reaktiviert werden und zudem sollen die Seilbahnen auch im Sommer für Wanderer usw. in Betrieb gehen.

Die einen fürchten nun zusätzlichen Massentourismus, die anderen verweisen auf ein nachhaltiges Konzept zur Stärkung unserer Region und zur Sicherung von Arbeitsplätzen.

Dann gibt es noch berechtige Sorgen, dass eine oder mehrere Nutzergruppen eingeschränkt oder vertrieben werden, da mit dem Bau einer neuen Seilbahn (auch wenn dort noch eine alte herumsteht) mehr Besucher auf den Berg gelangen, was zwangläufig zum Ruf nach beruhigten Ausgleichsflächen von Seiten der Behörden und Naturschutzorganisationen kommt.  Einige Bergsportorganisationen, so auch die IG-Klettern Allgäu haben sich in dem Entscheidungsprozess schon eingebracht.

Auf Grund zahlreicher Proteste, die auch nicht immer sachlich und richtig waren,  gegen die seilbahntechnischen Wiedererschließung des Grüntens hat die Betreibergesellschaft eine Pressemitteilung ausgesandt, aus der ich nachstehend zitieren möchte.

 

Gegenwärtig leide der Grünten unter Wanderern, die bestehende Wege breiter austreten und eine hohe Zahl von Trampelpfaden hinterlassen. Aber auch im Winter und Skitourengehern, die fast zu jeder Tages- und Nachtzeit im gesamten Bereich unterwegs seien. Dieser ungeregelte Winterbetrieb stelle eine weit größere Belastung für die Tiere dar, als ein geordneter Skibetrieb auf klar definierten Pisten und zu festgelegten Zeiten. Geplant sei deshalb mit Vertretern der Skitourengeher ein naturverträgliches Konzept für deren Sport am Grünten zu entwickeln. Auch andere Gruppen, wie die Kletterer am Gigglstein sollen aufgrund von Ausgleichsmaßnahmen keine Einschränkungen hinnehmen müssen.

 

Der Grünten als das alpine Naherholungsgebiet für das urbane Allgäu

Für den Klettersport.

Es gibt am Grünte zahlreiche Klettergebiete von denen der Gigglstein auf Grund des breiten Schwierigkeitsspektrum am beliebtesten ist. Hervorzuheben sei noch der Roßberg und die Nasse Wand, sowie die ganz leichten Kletterrouten über den Hörnle-Südgrat und der Stuhlwandgrat.

 

Für Mountainbiker

Rund um den Grünten gibt es zahlreiche Strecken, die sich zum Mountainbiken eignen.  Eher breite Forststraßen als Singletrails. Der Gipfelbereich bleibt auf Grund der fahrtechnischen Schwierigkeiten wenigen Könnern vorbehalten. Schon aus diesem Grund ist das Konfliktpotential mit Wanderern gering.

Für den Skitourengänger

Von Nordwesten stellt der Grünten ein äußerst beliebest Skitourenziel dar. Bis auf den kurzen Gipfelhang nahezu frei von alpinen Gefahren aller Art. Gerade bei schlechtem Wetter bietet sich diese leichte und ungefährliche Tour an, da man in der Grüntenhütte auch gut einkehren kann. Zudem gab es zuletzt zwei Tourenabende pro Woche, die sich großer Beliebtheit erfreuten. Neben der Normalroute gibt es noch die sehr anspruchsvolle Senderabfahrt nach Wagneritz. Die Südseite eignet sich kaum zum Skifahren. Die Routen dort werden höchst selten in schneereichen Wintern aufgesucht. Die leichte Erreichbarkeit macht den Gipfel auch zu einer beliebten Skitour für berufstätige am Abend nach der Arbeit.

Für Wanderer

Der Grünten wird nahezu ganzjährig von Wanderern von nah und fern aufgesucht. Berufstätige Einheimische schätzen den Berg als schnell erreichbares, kurzes Ziel vor oder nach der Arbeit. In schneearmen Wintern sind die Südanstiege zu Fuß recht beliebt. Einige ortskundige Einheimische schätzen Routen wie den Bergmannweg. Wo der verläuft, werde ich nicht verraten.

Für Pistenskifahrer

Für Pistenskifahrer war der Grünten bis zur Pleite der Grüntenlifte beliebt. Gerade auch bei Einheimischen im weiteren Sinne, die am Nachmittag einfach mal ein, zwei Std. Skifahren wollten. Die überwiegend leichten Abfahren wurden auch von Familien geschätzt.

Nachts auf den Grünten?

Skitouren gehen hat sich zum Breitensport entwickelt. Die meisten Skibergsteiger sind an nicht all zu langen, leicht erreichbaren Bergen unterwegs. Gerade für berufstätige, die nach der Arbeit noch etwas Bewegung suchen, ist die abendliche Skitour auf den Grünten beliebt. Abendliche und nächtliche Skitouren stehen aber auch in der Kritik, weil vielfach dadurch Wildtiere in der futterarmen Zeit überhaupt keine Ruhe mehr finden. Viele Wildtiere sind dämmerungsaktiv und benötigen diese Zeiten zur Nahrungsaufnahme. Wenn also irgendwo 24 Std am Tag Betrieb herrscht, trauen sich manche Tiere nicht mehr aus der Deckung und verhungern schlichtweg. Somit sind nur wenige Nachtskitouren naturverträglich. Die Tour auf den Grünten über die (ehemaligen) Pistenflächen der Grüntenlifte und der Kammeregglifte und dem kurzen Gipfelhang zählen zu  den verträglichen Touren, da es sich zum einen um eine vom Menschen umgestaltete Flächen und keinen Naturraum handelt.

Diese Tour lassen wir uns auch von keinem Konzept und von keinem Gutachter nehmen. Berufstätige, die arbeiten und Steuern bezahlen sind die Säulen unserer Gesellschaft und genau denen will man eine Skitour unter der Woche vorenthalten? Eine Skitour auf dem Grünten an einem Mittwoch darf nicht zum Privileg von Rentnern und Arbeitslosen werden!

Natürlich muss es nicht sein, nachts über die Senderabfahrt nach Wagneritz abzufahren. Ebenso ist auf die Pistenpräparierung Rücksicht zu nehmen. Hier wären entsprechende zeitliche und örtliche Begrenzungen sinnvoll, die natürlich auch einzuhalten sind.

Aus Naturschutzsicht habe ich die Feierabendsportler lieber konzentriert auf einem eh schon erschlossenen Berg, wo die Tiere an den Menschen gewöhnt sind, als weit zerstreut auf vergleichsweise ruhigen Gipfeln im südlichen Allgäu.

Was ist überhaupt geplant?

Damit sich der Leser ein Bild machen kann, was überhaupt  geplant ist, ist nachstehend die Pressemitteilung der Grünten Bergwelten verlinkt.

Pressemitteilung Grünten

Fake-News, Lügen und Fakten

In den inzwischen sehr emotional geführten Diskussion nehmen es Gegner und Befürworter des Projektes mit der Wahrheit nicht ganz genau. Einige Facebooknutzer belegen klar ihr reduziertes Weltbild.

Schon heute müsste der Gipfel bei gutem Wetter zeitweise wegen „Überfüllung“ geschlossen werden.

Schreibt der Bund Naturschutz in einer Mitteilung. Der Gipfel musste noch nie wegen Überfüllung geschlossen werden. Man fand immer einen Platz und wenige Meter abseits sogar einen ruhigen.

Die „naturfreundlichen“ Tourengänger, die das Gebiet zu jeder Tages- und Nachtzeit bevölkern, ihren Müll liegen lassen, ihr Geschäft überall hinter Stadel und Bäumen verrichten und die Straßen in Kranzegg zuparken,dass keine Anwohner, geschweige denn Rettungswagen mehr durchkommen, die sollen den Grünten weiter für sich haben?!?

Schreibt eine Facebooknutzerin aus Rettenberg. Bezüglich Müll und das „Geschäft hinter Bäumen verrichten“ sind Skitourengänger sicher nicht besser und nicht schlechter als andere Menschen. Wenn man eine Weile im Auto gesessen hat, drückt oftmals die Blase, egal ob man hinterher auf Tour geht, oder auf die Piste. Die zahlreichen gelben Löcher am Rand von vielen Bergbahnparkplätzen belegen dass Pistenfahrer auch nicht besser sind. Jedem normal intelligentem Menschen muss klar sein, dass sich, wenn eine weitere Nutzergruppe hinzu kommt, die Parksituation nochmals verschärft.

Die ersten starten um 5 Uhr und die letzten fahren um 22.00 Uhr ab- die Spuren sind überall

Ein Rettenberger Gemeinderat gegenüber der Allgäuer Zeitung. Es gilt am Grünten gem Bayr. Verfassung das „freie Betretungsrecht“ Es ist also nicht verboten. Überall heißt an jedem erdenklichen Ort, also auch auf dem Bergmannweg, am Hörnle Südgrat, durch die Sendeanlagen neben dem Gipfel usw. Es eigent nicht nur rund ein Drittel des Grüntenmassives überhaupt zum Ski fahren. Überall ist somit schlichtweg nicht wahr!

dass Regeln wie zb Nichtbetreten von Wildzonen, kein Tourengehen nach Einbruch der Finsternis, Parkplatzdienst zur Sicherung der Rettungswege und privater Grundstücke, Aufwertung der alpwirtschaftlichen Flächen und vieles mehr eingehalten und umgesetzt werden.

Schreibt ein Facebooknutzer aus Rettenberg. Fakt ist, dass das freie Betretungsrecht gem. Bayr. Verfassung auch am Grünten gilt und keine Regel existiert, die eine Besteigung nach Einbruch der Finsternis verbietet. Es gibt am Grünten keine Wildruhezonen, die sich zum Ski fahren eignen. Somit betreten Tourengeher dort auch keine Wildruhezonen.

Der Bericht in Quer ist  hinsichtlich des Vergleichs mit der Naturschutzzone C am Riedberger Horn falsch, denn das Skigebiet am Grünten ist weder Naturschutzgebiet noch FFH-Gebiet. Nur der Gipfel des  Grünten liegt im  FFH-Gebiet. siehe hier: https://geodienste.bfn.de/schutzgebiete?lang=de

kartenausschnitt grünten
Wildruhezonen gibt es (auf freiwilliger Basis) am Grünten nur ostseitig, wo sich das Gelände nicht zum Ski fahren eignet. Wer behauptet, Tourengeher würden diese Zonen nicht beachten ist genau so ein Lügner, wie Leute, die behaupten die Spuren seien überall.

Fazit

Man muss auch als Bergsteiger nicht grundsätzlich dagegen sein, eine Neue Bahn dort zu bauen, wo schon mehrere Liftanlagen stehen und ungenutzt vor sich hin gammeln. Es ist kein Verbrechen an der Natur und ganz anders zu werten, als die vor einiger Zeit geplante Skigebietsverbindung vom Riedberger Horn nach Balderschwang.

Ich verweise an dieser Stelle auch an ein paar Arbeitsplätze, die entstehen würden. Dank seiner Lage am äußersten Alpenrand fängt der Grünten schon mal viel Besucher ab und entlastet dadurch das südliche Allgäu und die angrenzenden Gebiete.

Wenn ich am Grünten den Wald erleben möchte, steige ich über den Bergmannweg auf. Dazu braucht man keine Walderlebnisbahn. Eine Reaktivierung Pistenskigebietes würde ich hingegen positiv sehen.

Einen Eventtourismus am Grünten sehe ich kritisch.

Über die Dimensionen des geplanten Neubaues kann man natürlich trefflich streiten. Genau das überlasse ich der den Befürwortern und Gegnern des Projektes.

Ich spreche hier nur für die Bergsteigerseite.

Ein Mit- und Nebeneinander von verschiedenen Sportarten muss möglich sein!!

Sollte es allerdings zur Verdrängung oder Einschränkungen für Skitourengeher oder Kletterer kommen, bzw. in Facebookdiskussionen weiterhin gegen Tourengänger Stimmung gemacht werden, so bleibt nichts anderes übrig, als eine Gegenpositionen einzunehmen.

Die Firma Hagenauer lädt in Ihrer Pressemitteilung zum Dialog ein. Genau das sollte man tun.

Zum Schluss noch etwas Lustiges

Grünten Extremitäten

Ein Facebooknutzer wirft uns Skitourengängern vor, wir würden die Extremitäten im Wald hinterlassen. Wie so etwas aussieht zeigt uns Monty Python im „schwarzen Ritter“

2 Kommentare zu „Was passiert am Grünten? Teil 2“

  1. Ich halte ihren Beitrag „Grünten 2“ für sehr gelungen, weil Sie darin alle gesellschaftlichen Interessen abwägen. Auch mir scheinen die Gründe für die Kritik an Tourengängern und Kletterern unter Instrumentalisierung von Naturargumenten an den Haaren herbeigezogen zu sein. Am ehesten vermute ich dahinter Neid, Intoleranz oder Eventgier. Wir sollten die Eventmanager mitnehmen und Ihnen zeigen, welche Werte und Emotionen in einfachen Naturerlebnissen stecken.
    Ein Allgäuliebhaber aus Heidelberg

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  2. Ein sehr ausgewogener Beitrag. Ergänzen möchte ich ein paar Dinge.

    Ich hab mich mit ein paar Kranzeggern unterhalten: beim Parken haben es ein paar Tourengänger geschafft, ihr Auto in der Ortschaft abzustellen, halb auf der Straße, halb auf dem Gehweg/Privatgrund, bei Schneefall. Das ist halt selten dämlich. Da könnte es sogar vorteilhaft sein, wenn der geplante Betrieb kommt, denn dann wird der Parkplatz der Grüntenlifte (der wohl erweitert werden soll) wieder komplett geräumt und bietet ausreichend Platz. Naja, sollte, bis auf die wenigen Tage, wo eh alles überlaufen ist 😉

    Diesen Winter konnte man eines gut beobachten, wenn man die Straße nach Rettenberg und weiter nach Kranzegg befuhr: die vielen Skispuren auf dem gesamten Hang/Rücken. Die fingen schon bei Wagneritz an (Alpe Kalkhöf bis zu den „Wänden“ unterhalb der Alpe Kammeregg) und zogen sich dann rüber bis Kranzegg. Das ist, wie du richtigerweise schreibst, deren gutes Recht, zeigt aber auch, dass der „Verkehr“ dort stark zugenommen hat. Für das Wild ist das keine gute Situation. Zudem ich auch schon ein paar Spuren entdecken konnte, die zwischen Grüntenhütte und Gigglstein nordostwärts führten, wohin man eigentlich nicht fahren soll. Aber mit entsprechenden Absprachen und ggf. einer passenden Beschilderung sollte man dem abhelfen können.

    Ach ja, und diese Flutlichter auf den Köpfen… die leuchten die Gegend dank sich bewegender Skifahrer schon sehr stark aus. Wenn man sich bei den Nachtaktivitäten vielleicht auf 2-3 Trassen (z.B. Grüntenhütte -> Kammeregg, Grüntenhütte -> Skipiste Grüntenlifte) einigt, dürfte auch das kein Problem mehr sein.

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