Der markante Krottenspitzengrat mit seinen gegenläufig ausgerichteten Hörnern der Krottenspitze und des Krummen Turms erstreckt sich landschaftsprägend über dem Oberstdorfer Talkessel. Die Überschreitung des gesamten Grates stellt eine der eindrucksvollsten und längsten Grattouren des Allgäus dar. Trotzdem erhalten die zahlreichen Zacken dieses Grates nur selten Besuch. Zu schwierig für den Wanderer und den normalen Bergsteiger, zu kurz die richtigen Kletterstellen, zu lang der Zustieg, zu viele Schrofenpassagen für den alpinen Kletterer. Der stete Wechsel zwischen leichtem und schwerem Gelände kostet Zeit und fordert eine angepasste Seiltechnik.
Nachtrag vom 9.Juli 2018
Vor vier Jahren haben wir am Krottenspitzengrat in den schwierigsten Bereichen einige Standplätze eingerichtet und auch Zwischenhaken gesetzt (maximal zwei pro Seillänge). Aus Zeitgründen meist nur ein Haken pro Stand. Am 8. Juli 2018 haben Roli und ich an den Standplätzen jeweils einen zweiten Haken gebohrt, wo dieser noch fehlte.
Ebenso wurden zwei Abseilstellen eingerichtet.
Oberhalb einer Gratscharte vor dem Krummen Turm haben wir einen Abseilstand angebracht, da die Abseilstelle an einem Felsköpfle nicht ideal liegt und das Abklettern dort doch recht heikel ist.
In der Bleistiftzeichnung steht dort „blöd zum Abklettern“
Bei der Abseilstelle vom Krummen Turm nach Osten wurde nach 24 m. eine zweiter Abseilstand mit einer Edelstahlkette angebracht, so dass man nun bequem auf zwei mal abseilen kann. Es reicht also jetzt ein Einfachseil von 50 (besser 55m) Länge. Die Abseilstelle am Gipfel des Krummen Turmes wurde so wie vorgefunden belassen. Grund: Wegen des schlechten Gesteins lässt sich dort kein zuverlässiger Bohrhaken setzten. Da aber mit unzähligen Reepschnüren der ganze östliche Gipfelbock umspannt wurde, ist diese Abseilstelle als sicher anzusehen.
Am II.Turm, also der, der nach dem leichten Gratstück nach der Schlüsselstelle folgt, hat im Mittelteil ein Blitzschlag ein Trümmerfeld hinterlassen. Hier also Vorsicht. Den 2. Turm besser in 3. Kurzen SL begehen.
Achtung: Es gibt keine durchgängige Absicherung. Nach wie vor ist Material, um selbst Standplätze oder Abseilstellen zu bauen zu empfehlen. Lange Strecken im II und teils auch im III Grad müssen nach wie vor seilfrei begangen werden. Es gibt maximal 2 Zwischenhaken pro SL. Es gibt schöne Kletterstellen, in Summe überwiegt brüchiger Fels. Die gesamte Tour inkl. Abstieg ist sehr lang!



Ich habe den Grat insgesamt vier mal begangen und war jedes mal erneut beeindruckt von seiner Schönheit, aber auch von seinen Gesamtanforderungen, die man bei einer Tour mit ein, zwei Stellen im 4. Grad gar nicht erwarten würde. Bei unserer letzten Begehung im August 2014 habe ich die Bohrmaschine eingepackt und an den Schlüsselstellen ein paar Bohrhaken gesetzt. Dafür gab es großes Lob und heftige Kritik. Die Argumente der Befürworter und der Kritiker solcher Aktionen sind stets die selben und irgendwie haben beide Seiten irgendwie recht.

Den Befürwortern der neuen Haken sei gesagt, dass der Grat dadurch kein bisschen leichter geworden ist, dass schon alleine auf Grund seiner Länge und seines wechselhaften Fels gar keine Plaisiertour entstehen kann.
Den Gegnern sei gesagt, dass sich lediglich an vier Seillängen von 27 (lt. Meinecke) ein bis zwei Zwischenhaken, sowie die Standplätze Haken gebohrt wurden, die unter anderem wenige alte Schlaghaken oder 2014 schon nicht mehr auffindbare Holzkeile ersetzen sollen.
Wobei zu sagen ist, dass kaum eine Partie den Grat in 27 Seillängen begeht. Viel mehr wird man mehrfach von standplatzmäßiger Sicherung auf das gleichzeitige gehen am kurzen oder langen Seil wechseln, wenn nicht gar der überwiegende Teil seilfrei zurückgelegt wird.

Wie auch in den Jahren zu vor waren wir gegen 6.00 Uhr früh in der Spielmannsau gestartet und zur Kemptner Hütte aufgestiegen. Auf den sich anbietenden direkten Zustieg über den Krummen Stein und den Fürschießer haben wir bewusst verzichtet, da dessen steilgrasiges und erdiges Gelände am besten mit festen Bergschuhen zu begehen ist und wir für den eigentlichen Grat Zustiegsschuhe bevorzugten. Aber auch über die Kemptner Hütte lässt sich der Fürschießersattel gut erreichen, wo wir noch eine längere Pause einlegten, bevor die eigentliche Tour beginnt.
Schon nach wenigen Metern schnürt sich der breite Rücken zu einem scharften Grat zusammen und schon bald steht man vor der klettertechnischen Schlüsselstelle. Einem aüberhängendem Aufschwung, der rechts mittels abdrängdem Riß umgangen wird. Früher steckten hier mal ein Holzkeil und ein, zwei Schlaghaken. Inzwischen ist das alte Schicherungsmterial der Verwitterung zum Opfer gefallen. Aus diesem Grund habe ich hier die Standplätze und zwei Zwischenhaken angebracht.

Der weitere Gratverlauf wird dann rasch wieder einfacher. Eine weitere, genaue Beschreibung des Gratverlaufes würde eine endlose Aneinandereihung von Zacken, Türmchen, Scharten, Rissen, Kaminen und Wändchen bedeuten, die den Leser ebenso langweilen würde, als das sie übrig ist, da sich der Routenverlauf eh von selbst ergibt.

Markant ist allerdings ein größerer Aufschwung in der Gratmitte. Je nach Route (am besten erst rechts ausweichend, dann zurück an die Gratkante) wird hier ein guter IIIer gefordert. Seit 2014 stecken auch hier ein paar Haken. Dann geht es wieder im üblichen Stil weiter bis vor dem „Krummen Turm“ Dessen Überschreitung ist gewissermaßen das Herzstück der Tour. Mit einer Schartenüberhöhung von rund 50 Metern kann dieser als eigenständiger Gipfel gelten und wäre somit einer der schwierigsten des Allgäus. Zumindest was die alpinen Gesamtanforderungen angeht. Bei Zeitmangel lässt sich dieser Turm auch rechts, westseitig umgehen, was aber schade wäre, da man so den prägenden Teil des Grates ausspart.

Aus der Scharte vor dem Turm quert man zunächst auf einem Band nach links (Osten) bis hinter einem markanten Block ein sich nach links biegender Riß durch die Plattenwand emporführt. Der weitere Verlauf der drei Seillängen bis zum exponierten Gipfel ergibt sich wieder von selbst.
Mit einer luftigen Abseilfahrt von knapp 50 Metern erreicht man schließlich die Scharte vor der Krottenspitze. Nun wird sich so mancher fragen, warum gerade diese Abseilstelle nicht mit neuen bohrhaken ausgestatet wurde. Zum einen war es ein zeitliches Problem, zum anderen war am Ende des Gipfelgrates kein solider Fels zu finden, in dem man guten gewissens einen Abseilstand bohren konnte. Somit beließen wir es damit, den gesamten Gipfelblock mittels Reepschnüren und Bandmaterial weiträumig einzufangen, was in Summe durchaus solide erscheint. Erst knapp unter der Kante tritt fester und kompakter Hauptdolomit hervor, der sich zum anbringen eines Standes eigent. Mit dem entscheidenden Nachteil, dass man, um dort hinzukommen sichern müsste und zwar ebenfalls an dem maroden Gipfelfelsen. Gut nach knapp 25 Metern wollte ich eigentlich noch einen Zwischenstand anbringen. Das hätte den Vorteil, dass künftig auch ein 50 m Einfachseil für die Tour reicht. Doch dafür war es heute einfach schon zu spät. Vielleicht machts ja mal jemand.
Zum Schluss folgt noch ein hellgrauer Plattenpanzer bis zum Gipfelaufbau der Krottenspitze. Dieser Plattenpanzer ist nur dann wirklich einfach, wenn man genau in der seichten Rinne in der Mitte aufsteigt. Der Gipfelblock wird schließlich rechtshaltend ohne Schwierigkeiten umgangen.



Mit erreichen der Krottenspitze ist die Tour aber noch lange nicht zu Ende. Da der einzige direkte Abstieg nach Westen zum Schäferloch technisch nicht ganz einfach und zudem von oben für ortsunkundige kaum zu finden ist, empfehle ich jedem auch noch die Öfnerspitze zu überschreiten. Dabei hält man sich stets am Grat bis man durch eine Rinne zwischen Öfnerspitze und Muttler nach Osten absteigen kann und somit entgülitg Wandergelände erreicht. Schöner ist es allerdings auch noch den Muttler mitzunehmen. Der Mehraufwand von nur wenigen Minuten entschädigt mit einem grandiosem Blick auf die gerade zurückgelegte Überschreitung.

Ausgangspunkt Oberstdorf, Parkplatz Renksteg oder Holzgau.
Für den Zusieg von Oberstdorf ist dringend ein Fahrrad zu empfehlen. Zwar fährt auch ein Bus in die Spielmannsau, doch sind dessen Abfahrtszeit so spät, bzw. Abends so früh, dass eine Tagestour kaum noch möglich ist. Wer kein Fahrrad hat, wähle Holzgau als Talort.
Karte: Alpenvereinskarte Allgäuer-Lechtaler Alpen West 2/1
Führer: Allgäu-Kletterführer von Stefan Meineke. Derzeit vergriffen ISBN: 9783931982089
Alpenvereinsführer Allgäuer Alpen (alte Auflagen in der noch alle Klettereien enthalten waren)
Hütten: Kemptner Hütte der DAV Sektion Kempten
Ausrüstung: Helm, zwei Seile von mindestens 50 m Länge (Abseilen am Krummen Turm), Bandschlingen. Wird der Krumme Turm umgangen, reicht ein Einfachseil.
Höhenunterschied: in Summe über 2000 m ab Parkplatz Renksteg
Schwierigkeit: im Fels Stellen bis IV, anhaltend II-III und exponiert, Zustieg zum Fürschießersattel: leichtes Wandergelände auf markierten Pfaden. T3 nach SAC Wanderskala
Zustieg über den Krummen Stein und den Fürschießer: Steilgras und steiler, erdiger Wald. Feste Bergschuhe dringend anzuraten.
T5 nach SAC Wanderskala
Geeignet für wen? Routinierte Kletterer, für die der Klettergenuß und die Schwierigkeit nicht an erster Stelle stehen, denen das alpine Gesamterlebnis wichtig ist. Stellen bis III sollten aus Zeitgründen seilfrei beherrscht werden.
Links:
Weitere schöne Bilder von Martin gibt es hier zu betrachten
Historische Informationen auf „Oberstdorf Online“
Wer ist denn dieser Martin, der die Bilder gemacht hat. Die sind ja wirklich sagenhaft!
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Servus Kristian,
hab mich gerade auf Deiner Seite festgefressen … auch, weil ich mich (als eher „klassisch sozialisierter Bergsportler“) bei Deinen Positionen wohltuend oft wiederfinde. Dein Bericht zum Krottenspitzgrat (oder zum Hochvogel-Ostgrat) ist klasse – schön dass es immer noch Leute gibt die sowas klettern wollen. Super Bilder, auch vom Allgaeuer … habe in Erinnerungen geschwelgt!
Bin das Ding im Juni 2014 mal solo gegangen (über Traufbachalp und Krummenstein), den Gipfelaufbau direkt (da könnst` auch noch ein bisschen bohren) und danach noch über Öfner- und Hornbachspitze auf den Krottenkopf. Ein Wahnsinnstag im schönen Allgäu …
Grüße
Thomas
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Achtung, die hier beschriebenen Bohrhaken wurden alle wieder entfernt. Nur die Abseilstände sind noch vorhanden. Wurde mir von Freunden berichtet, die die Tour erst gemacht haben. Es ist auch ein Hinweisschild am Einstieg.
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Mauerhakenstreit 2.0… Vielleicht geht es ja auch nur mir so, aber irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, dass sich aktuell viel Mist wiederholt, der eigentlich schon seit Jahrzehnten überwunden schien. Siehe zB auch: https://www.swr.de/swraktuell/baden-wuerttemberg/karlsruhe/protest-gegen-geplante-sperrung-von-kletterfelsen-bei-baden-baden-100.html
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