Zelten und Biwakieren in Tirol

Zelten und Biwakieren in Tirol

Im Sommer 2014 fand eine Schrift des ÖAV (Österreichsicher Alpenverein) zum Thema „Zelten und Biwakieren“ in Österreichs Bergen weite Verbreitung im Internet, insbesondere über soziale Netzwerke wurde der besagte Link geteilt.

http://www.alpenverein.at/portal_wAssets/docs/natur-umwelt/Zelten-und-Biwakieren-in-Oesterreichs-Bergen.pdf

Zitat
Tirol: Sehr restriktive Regelung! Seit dem Jahr 2001 wird der Rahmen durch das Tiroler Campinggesetz abgesteckt. Dieses legt fest: „Das Kampieren (=Zelten) außerhalb von Campingplätzen ist verboten“. Ausgenommen ist davon lediglich das alpine Biwakieren „während eines kurzen, durch den Anlass gebotenen Zeitraumes“. Darunter fallen wie bereits angeführt Verletzungen, Schlechtwettereinbrüche oder Dunkelheit. Für eine Verletzung der Vorgaben des Campinggesetzes (Verwaltungsübertretung) sind € 220 „fällig“.
Zitat
Begriffsklärung: Zelten – Biwakieren – Campieren
In den verschiedenen Gesetzen, die sich mit der Thematik beschäftigen, tauchen alle drei Begriffe auf. Zelten und Kampieren sind völlig synonym zu verwenden. Den beiden Begriffen zu Grunde liegt die Annahme, dass man geplant im Freien übernachtet, wobei die Gesetze nicht unterscheiden, ob dafür ein Zelt, Biwaksack oder Ähnliches verwendet wird.
Davon zu unterscheiden ist das „alpine Biwakieren“. Darunter ist das ungeplante Notbiwak zu verstehen, das man im Falle einer Verletzung, einem Schlechtwettereinbruch oder Dunkelheit machen muss. Dieses bleibt von allen gesetzlichen Beschränkungen in jedem Fall ausgeklammert.
Geplantes und damit vorsätzliches Biwakieren ist jedoch wie geplantes Zelten zu behandeln.

Doch der ÖAV ist eben auch nur ein Alpenverein und mutiert als solcher zunehmend von einer Interessenvertretung für Bergsteiger zu einem ökologisch-konsumorientierten Besucherlenkungsverein. Er ist damit als solcher intensionsgebunden und freien und eigenständigen  Alpinismus nicht unbedingt zugetan.

Zitat
Daher ist aus Sicht des OeAV die bestehende Rechtslage positiv zu beurteilen. Schließlich betreiben die Alpinen Vereine ein dichtes Netz an Schutzhütten in diesen Regionen, in deren Aufrechterhaltung und Betrieb Jahr für Jahr viel investiert werden muss

Doch werfen wir mal ein Blick in das Tiroler Campinggesetz.

Zitat
•   (1) Dieses Gesetz gilt für die Errichtung und den Betrieb von Campingplätzen sowie für das Kampieren außerhalb von Campingplätzen.
(2) Dieses Gesetz gilt, unbeschadet sonstiger landesrechtlicher Vorschriften, nicht für das Kampieren außerhalb von Campingplätzen während eines kurzen, durch den Anlass gebotenen Zeitraumesa)   im Rahmen des Aufgabenbereiches
1.   von Körperschaften, Anstalten und Fonds des öffentlichen Rechts,
2.   von gesetzlich anerkannten Kirchen oder Religionsgesellschaften,
3.   von Schulen und Einrichtungen der Erwachsenenbildung sowie von Gebietskörperschaften und anerkannten Einrichtungen der freien Jugendwohlfahrt in den Angelegenheiten der Jugendbetreuung und
b)   im hochalpinen Gelände (Biwakieren).

Wenn also das Gesetz ausdrücklich nicht im hochalpinen Gelände gilt (Biwakieren) dann finden die weiteren §§, wie der nachstehende gar nicht mehr zur Anwendung.

Zitat
(1)   Das Kampieren außerhalb von Campingplätzen ist verboten, ausgenommen auf Grundflächen, für die eine Verordnung nach Abs. 6 erlassen worden ist

.

Was ein kurzer, durch den Anlass gebotener Zeitraum ist, darüber lässt sich das Gesetz nicht aus.

Ein solcher Anlass ist etwa:

Der Notfall
Die Hütte ist belegt
Die Schlafqualität im eigenen Schlafsack ist besser als im engen Lager mit lauter Schnarcher
Das klassische Biwak am Wandfuß,  dort wo es keine Hütte gibt
Die Tour lässt sich als Tagestour nicht durchführen, eine Hütte ist nicht vorhanden
Den Sonnenauf- oder Untergang am Gipfel zu erleben.
Naturerlebnis allgemein
Geld sparen

Alle diese Dinge sind ein Anlass. Was kurz ist, darüber lässt sich spekulieren. Meiner Ansicht nach ist eine Nacht damit auf jeden Fall abgedeckt.
Als hochalpines Gelände würde ich Gelände sehen, das in der Regel oberhalb der Baumgrenze liegt und mit dem Auto nicht zu erreichen ist.

Wie aber verhält es sich im Talbereich. Hier ist das Gesetz so zu interpretieren , dass das Zelten und übernachten in Fahrzeugen tatsächlich verboten ist.

Zitat
•   § 2
BegriffsbestimmungenIm Sinne dieses Gesetzes sind a)   „Kampieren“ das Nächtigen von Personen in mobilen Unterkünften, wie Zelte, Wohnwägen, Kraftfahrzeuge, Wohnmobile, Mobilheime und dergleichen im Rahmen des Tourismus;

Die Frage, die sich hier stellt ist diese, ob Isomatte und Schlafsack eine mobile Unterkunft darstellen? Im Gegensatz zum ÖAV-script  steht im Gesetzestext nirgends, dass Zelten und Biwakieren ohne Zelt gleichzusetzen sind. Dies lässt sich höchstens aus der Wikipedia (Biwak) ableiten.

Sprich mit Matte und Schlafsack ohne Zelt liegt man außerhalb des Waldes (hier greift ja das Forstgesetz) legal.

Noch ganz lustig:

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(2)   Die Behörde hat dem Inhaber einer mobilen Unterkunft, in der außerhalb einer Grundfläche nach Abs. 6 kampiert wird oder werden soll, aufzutragen, die Unterkunft innerhalb einer angemessen festzusetzenden Frist zu entfernen. Ist der Verpflichtete der deutschen Sprache nicht mächtig, so sind ihm nach Möglichkeit der Inhalt des Entfernungsauftrages und die Rechtsfolgen in einer für ihn verständlichen Sprache zu erläutern.

Aha, Wenn ich also irgendwo illegal zelte, dann muss die Behörde (nicht der Jäger, oder ein selbsternannter Blockwart) mir eine angemessene Frist einräumen, mein Zelt abzubauen Falls ich kein Deutsch, sondern zum Beispiel nur Ketchua, Mongolisch oder Farsi verstehe, so muss die Behörde mir das in meiner Sprache erläutern.  viel Spaß

Persönliche Erfahrungen:

Ich habe einige Zelt-und Biwaknächte in Tirol hinter mir und hatte niemals Probleme. Selbst im unmittelbar neben Alpenvereinshütten. Die Wirte waren froh, dass wir zum Einkehren kamen. Davon haben sie eh mehr als von der Übernachtungsgebühr.

Last not least

Beim Biwak in Tirol ist dezentes Verhalten angebracht. Keine bleibenden Spuren hinterlassen. Wird man angesprochen freundlich und sachlich bleiben, aber sich auch nicht einschüchtern lassen. Kenntnisse des Gesetztes (nicht des Alpenvereins-script) sind vom Vorteil.

Meinen Identität gebe ich im Konfliktfall eh nur einem Polizisten bekannt, der als solcher mit Uniform und/oder Dienstausweis eindeutig zu erkennen ist.

Weiterführende Links:
Heinz Zak vollzieht öfters geplante Biwaks im Karwendel. Lt. ÖAV verboten. Lt. Gesetzestext ein „kurzer durch den Anlass (Fotos machen/Naturerlebnis) gebotener Zeitraum. Vielleicht zeigt ihn der Alpenverein ja mal an um recht zu behalten.

http://www.alpin.de/tourenbuch/bacc2942-64f2-47e4-9971-437f812fb787/bergtour_birkkarspitze—bei-vollmond/news.html?view=clean
http://www.bergfuchs.at/gewinnspiel-biwaktour-mit-heinz-zak

Nachtrag am 3. September 2014.

Obigen Text habe ich an den ÖAV gesandt. Darauf hat der ÖAV geantwortet. An dieser Stelle ein herzliches Dank für die rasche und kompetente Antwort.

Lieber Herr Rath,

nun haben wir den Sachverhalt auch mithilfe der Umweltabteilung und der Tourismusabteilung des Landes Tirol klären können.

Im Gesetz steht nicht, dass der Geltungsbereich das alpine Gelände nicht umfasst. Wie Sie selber hervorheben, gilt das Gesetz nicht für das Kampieren im alpinen Gelände, sofern es sich auf einen kurzen, durch den Anlass gebotenen Zeitraum beschränkt.

Was unter einen kurzen Zeitraum zu verstehen ist und welcher Anlass ein kurzes Biwakieren rechtfertigt, wird weder im Gesetz noch in den erläuternden Bemerkungen definiert.

Allerdings wissen wir, was unter Kampieren verstanden wird:

„Kampieren“ das Nächtigen von Personen in mobilen Unterkünften, wie Zelte, Wohnwägen, Kraftfahrzeuge, Wohnmobile, Mobilheime und dergleichen im Rahmen des Tourismus;

(vgl. § 2 lit a)

Wir gehen aber davon aus, dass wir richtig liegen, wenn wir davon ableiten, dass Tirol das Kampieren im alpinen Gelände restriktive handhaben will. Wir raten derzeit eher zu Vorsicht, da leider – allerdings in Zusammenhang mit anderen Handlungen, die im alpinen Ödland gesetzt werden – auch „scharf geschossen“ wird.

Grundsätzlich geben wir jedoch nur eine kurze rechtliche Übersicht über die Sachlage und jede(r) NaturliebhaberIn muss selbst entscheiden, wie er/sie damit umgehen will.

Schöne Grüße aus Innsbruck

Der kurze Zeitraum und das was man unter einem Anlass versteht sind also nicht definiert.

Die Alpenvereinsführer „Allgäuer und Lechtaler Alpen“ empfehlen an verschiedenen Stellen  die Verwendung eines Zeltes.

Dazu ist anzumerken, das der Autor Heinz Groth Jurist war.  Er wird daher kaum zu unerlaubten Handlungen aufrufen. Vermutlich hat  der Folgeautor Seibert später seine Ausführungen einfach übernommen.

Auszüge aus den Alpenvereinsführern Allgäuer und Lechtaler Alpen.
Auszüge aus den Alpenvereinsführern Allgäuer und Lechtaler Alpen.

6 Kommentare zu „Zelten und Biwakieren in Tirol“

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